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Um Hilfsgüterverteilungen und weitere Hilfsmaßnahmen optimal durchzuführen und planen zu können, ist in dem betroffenen und auf Hilfe angewiesenen Land jeweils ein Landeskoordinator tätig, der die Arbeiten vom Ort des Geschehens aus leitet. In Kenia engagiert sich gemeinsam mit humedica Katja Weber. Wir möchten sie Ihnen an dieser Stelle kurz vorstellen.

Liebe Katja, kannst du bitte kurz ein paar Worte über Dich selbst sagen?

In Kenia klärt man als erstes, von welchem Stamm man kommt. Also: Ich bin Schwäbin! Die vergangenen Jahre habe ich allerdings in Berlin gelebt.

Ich bin 36 Jahre alt, habe vor schon längerer Zeit Internationale Betriebswirtschaftslehre studiert und als Kommunikationsmanagerin bei Daimler gearbeitet. Bis ich 2008 in die humanitäre Branche gewechselt habe, mit einem ersten humedica-Projekt in Haiti.

Wie sieht Deine Tätigkeit als Landeskoordinatorin aus? Wie können sich die Leser Deinen „Alltag“ vorstellen? Was sind Deine Aufgaben?

Das Schöne ist, dass es in meinem Job keinen Tag gibt, der dem anderen gleicht. Mir gefällt das. Mein erster Arbeitstag war zum Beispiel auf dem Frachtflughafen in Nairobi. Dort kamen 30 Tonnen Hilfsgüter aus Deutschland an - und einige Journalisten, die ich die nächsten Tage betreut habe.

Nach vier Lebensmittelverteilungen in der vergangenen und in dieser Woche mussten wir das Lager auf den Kopf stellen und Inventur machen: Kisten und noch mehr Kisten zählen.

Darüber hinaus gibt es anstehende Bürotage, während denen es gilt, Abrechnung zu machen, Interviews mit kenianischen Radiosendern zu führen und die Planungen für die nächsten Verteilungen von Lebensmitteln und medizinischem Bedarf auszuarbeiten.

Du warst bereits mit humedica im Sudan tätig und arbeitetest in Flüchtlingslagern. Fürchtest du, dass sich der Zustand in Kenia diesem Größenmaß annähern wird?

Zum Teil haben wir diese Situation bereits. Dadaab liegt im Osten Kenias, etwa 80 Kilometer von der somalischen Grenze entfernt. Dort ist das größte Flüchtlingslager mit 400.000 Menschen, die wegen des Bürgerkrieges und Hungers aus Somalia geflohen sind. Allerdings zum Teil schon vor 20 Jahren.

Aktuell kommen jeden Tag weitere Familien an, 1.500 Menschen pro Tag. Da es in den meisten Gegenden auch in der sogenannten kurzen Regenzeit von September bis November wahrscheinlich nicht regnen wird, sind wieder keine Ernten absehbar - und die Menschen werden weiter hungern. Sie müssen also versuchen einen Ort zu finden, an dem sie Essen bekommen.

Wie bist du dazu gekommen, Dein behütetes Leben in Deutschland aufzugeben für Deine Einsätze mit humedica?

Ich bin schon immer viel im Ausland gewesen. Es ist großartig, in eine andere Kultur einzutauchen, Menschen kennenzulernen, die einen ganz anderen Hintergrund als ich haben.

Eigentlich habe ich dabei nicht das Gefühl, viel Lebensstandard aufgegeben zu haben. Auch in der Ferne kann es einem ja gut gehen - wobei, ehrlich gesagt, manchmal fehlt mir schon das konstant warme Wasser in der Dusche am Morgen!

Ist es für eine Frau schwierig, sich in Kenia durchzusetzen?

Nein, die Kenianer sind sehr aufmerksam, sehr freundlich Frauen gegenüber. Man traut den Frauen viel zu. Ich muss nur doppelt so hart feilschen wie die farbigen Kollegen - denn wer hier einen Weißen im Laden entdeckt, erhöht spontan seine Preise!

Dein Herz hängt sehr an dem Land und den Leuten. Bist du dankbar, dass du in der Lage bist, Hilfe leisten zu können und den Hunger leidenden Menschen zu helfen?

Natürlich. Die Not anderer Menschen scheint oft so fern, selbst hier im Land. In Nairobi geht das Leben seinen geschäftigen Gang. Und dann fahren wir in ein von der Dürre betroffenes Gebiet und sehen Menschen, denen es an etwas so Schlichtem wie Essen mangelt. Und wir können - zumindest für den Moment - so einfach helfen. Es ist gut, das zu tun.

Welche Ängste hast du in Bezug auf die kommenden Monate?

Eigentlich habe ich nur Angst, dass aus den Monaten Jahre werden. Ich bin gerne hier, und ich werde so oder so in Kenia bleiben. Aber lieber wäre es mir, wenn es meinen Job dann nicht mehr geben würde, weil es den Menschen auf Dauer besser geht. Derzeit ist das leider nicht absehbar.

Welche Hoffnungen hast du? Für Dich und/oder die Bevölkerung am Horn von Afrika.

Ich habe für mich die Hoffnung, in Kenia glücklich zu leben. Und genau das wünsche ich jedem Menschen hier. Ein Stück vom Glück. Oder wenigstens keinen ständig brennend leeren Magen.

Liebe Katja, vielen Dank für das Gespräch und insbesondere natürlich für Dein Engagement und Dein gutes Herz! Alles Gute Dir für die Arbeit in Kenia und Gottes Segen.