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Pakistan und seine Bewohner sind mit den diversesten Herausforderungen konfrontiert. Neben entwicklungspolitischen Themen zeigt sich auch der Klimawandel mit verheerenden Naturkatastrophen im Land immer wieder extrem. Seit 2005 ist humedica in Pakistan aktiv – mit punktuellen Katastropheneinsätzen oder zusammen mit der lokalen Partnerorganisation PAK Mission Society (PMS) im Bereich der langfristigen Hilfe hinsichtlich Wiederaufbaumaßnahmen, Aufklärungsarbeit und Wasser- und Hygieneprojekten. Im Oktober 2018 reiste humedica-Mitarbeiterin Heinke Rauscher mit der ersten bayerischen Wirtschaftsdelegation seit 20 Jahren in das Land, das sich derzeit in einer spannenden Transition befindet. Was haben Heinke Rauscher und ihre Begleiter in Pakistan erlebt?

Liebe Heinke, Du warst kürzlich mit einer bayerischen Wirtschaftsdelegation in Pakistan. Was war Ziel und Zweck dieser Delegationsreise?

Der Fokus unserer Reise lag ganz klar auf der Vernetzung von deutschen und pakistanischen Unternehmen und Organisationen und wurde in Zusammenarbeit mit dem pakistanischen Honorarkonsulat in Bayern und dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie durchgeführt. Dadurch, dass wir seit 20 Jahren wieder die erste Wirtschaftsdelegation aus Bayern waren, wurde unser Aufenthalt mit sehr großer Aufmerksamkeit verfolgt und auf nationaler Ebene medial begleitet. Wir waren zu Veranstaltungen mit verschiedenen pakistanischen Wirtschaftskammern und Vertretern aus Politik, Militär und Unternehmen eingeladen und konnten viel über das Land erfahren und interessante Kontakte knüpfen.

Seit August 2018 hat Pakistan eine neue Regierung, die auch wirtschaftlich viele spannende Punkte auf ihrer Agenda hat. Dieser „Wind of change“ war auch bei vielen Netzwerkveranstaltungen spürbar, bei denen Geschäftsleute aus Pakistan und wir als deutsche Unternehmensvertreter über neue Ideen und Ansätze für Kooperationen gesprochen haben. Vor allem die großen kulturellen und geschäftlichen Herausforderungen sowie die politische Situation standen hier im Mittelpunkt. Standards im Hinblick auf die Corporate Social Responsibility, also die soziale Verantwortung der Unternehmen wurden in persönlichen Gesprächen angesprochen.

Gerade Letzteres war sehr spannend für mich, da ich diesen Bereich bei humedica betreue und wir mit PAK Mission Society (PMS) diesbezüglich ja auch schon einen sehr starken Partner in Pakistan an unserer Seite haben, den ich in dem Zusammenhang auch getroffen habe. Ich denke, für alle Delegationsmitglieder und unsere pakistanischen Gastgeber bot die Reise interessante Gespräche, Kontakte und Ideen für mögliche Partnerschaften.

Das klingt nach vielen offiziellen Terminen und Gesprächen. Welche persönlichen Eindrücke hast Du aus Pakistan mitgebracht? Wie hast Du das Land Pakistan und die Menschen dort erlebt?

Das ist richtig. Wir hatten einen straff getakteten Terminkalender. Alles war hervorragend organisiert und sehr professionell. Was mir persönlich aufgefallen ist, sind generell die vielen sehr großen Unterschiede, die in Pakistan herrschen. In jeglicher Hinsicht. Besonders spürbar war das für mich im Vergleich von Stadt zu Land. Infrastruktur, Bildung, Wirtschaft, das Verhalten von und gegenüber Frauen – all das kann einem fast wie in zwei verschiedenen Welten vorkommen, wenn man sich zischen den Millionenstädten und den ländlichen Regionen bewegt.

In Lahore haben wir beispielsweise einen sogenannten Think Tank besucht, eine Ideenschmiede für innovative Geschäftsmodelle. Hier tüfteln Männer und Frauen an neuen Konzepten, die oft auch einen sozialen Aspekt beinhalten. Das war sehr beeindruckend. Wir trafen eine junge Frau, die selbst aus armen Verhältnissen stammt und hier ein Geschäftsmodell entwickelt, das mit Mikrokrediten den Zugang zu Konsumgütern für alle sozialen Schichten möglich macht. Auf dem Land wäre das in Pakistan nur schwer möglich, hier ist die Geschäftswelt noch sehr Männerdominiert.

Das war für mich als europäische Frau generell eine neue Erfahrung, sich stark dem Verhalten der Männer anzupassen und beispielsweise bei der Begrüßung abzuwarten, wie das männliche Gegenüber reagiert.

Ganz generell waren die Menschen in Pakistan aber sehr offen und unglaublich freundlich, auch gastfreundlich. Überall wurden wir eingeladen und mit großer Herzlichkeit empfangen. Pakistan ist ein wunderschönes Land, in dem aktuell vielleicht wichtige Weichen gestellt werden. Ich schließe eine Rückkehr keinesfalls aus und hoffe, dass die Sicherheitslage dies irgendwann noch wahrscheinlicher macht. Das wäre mein großer Wunsch für dieses tolle Land und die Menschen dort.

humedica unterstützt die Menschen in Pakistan ja bereits seit vielen Jahren mit verschiedenen Projekten, die gemeinsam mit unserem Partner PAK Mission Society (PMS) umgesetzt werden. Welche Neuigkeiten hast Du von dem Treffen mit PMS in Pakistan mitgebracht?

Es war sehr schön, die Kollegen von PAK Mission Society zu treffen. Und ich hatte sogar die Gelegenheit, ein ganz neues Pilotprojekt von ihnen zu besuchen. humedica unterstützt derzeit ja vor allem die Projekte in den ländlichen Regionen von Pakistan, bei denen es um Katastrophenvorsorge und die Themen Wasser und Hygiene geht. Hier bauen wir Brunnen, um die Menschen in den Dörfern mit sauberem Trinkwasser zu versorgen und klären im Hinblick auf sozialgesundheitliche Themen auf.

PMS reagiert jetzt mit kleinen Pilotprojekten auch auf die unterschiedlichen Bedarfe im städtischen Kontext, die ich bereits angesprochen habe, und testet verschiedene kleine Projekte in den Bereichen Chancengleichheit, Bildung oder auch Müll. In der Nähe von Islamabad haben wir einen kleinen Recyclinghof besucht, den PMS in einem Slum betreibt. Hier leben vorwiegend Christen, die in Pakistan zu einer Minderheit gehören, oft einen schlechten sozialen Stand haben und kaum Unterstützung erhalten. Alle Angestellten des Recyclinghofs kommen aus diesem Slum. Sie sammeln mit einer kleinen Müllabfuhr den Müll ein und sortieren diesen dann. Materialien wie Blech und Glas werden verkauft, der Biomüll zu Humus gemacht und anschließend ebenfalls verkauft, beispielsweise an Gärtnereien. So ist ein kleines soziales Unternehmen entstanden, das sich und die Angestellten trägt. Richtig großartig.

Wir werden sehen, ob sich durch den Austausch und die Kontakte mit der bayerischen Delegation zukünftig vielleicht noch mehr solcher tollen Projekte umsetzen lassen. Das Vertrauen aber, das humedica und PMS durch die wiederkehrende Katastrophenhilfe in den ländlichen Gebieten aufbauen konnten und das uns dort nun den Zugang in Regionen ermöglicht, in die sonst nur wenige Hilfe kommt, möchten wir weiter stärken und die Menschen dort langfristig unterstützen.

Vielen Dank, Heinke, für diesen interessanten Einblick!