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„Pläne für die Zukunft habe ich nicht. Wir können nicht zurück nach Somalia. Dort ist immer noch Al Shabab.“ Gemeinsam mit ihrem Mann und den acht Kindern musste Sooman vor Krieg und Dürre aus Somalia fliehen. Nun leben sie im Flüchtlingslager im äthiopischen Melkadida. Im Jahr 2016 waren laut UNHCR weltweit über 65,5 Millionen Menschen auf der Flucht. Und damit so viele wie nie zuvor. Die Gründe, warum die Menschen ihre Heimat verlassen müssen, sind so vielseitig wie ihre Schicksale. Neben Kriegen, Klimakatastrophen und Hungerkrisen, sind es oft auch perspektivlose Situationen, die Familien an die Grenzen ihrer Existenzen zwingen. Seit vielen Jahren engagiert sich humedica in der Krisenprävention, dem Bekämpfen von Fluchtursachen und der Bildungsarbeit. Immer mit dem Ziel, Perspektiven und Hoffnung zu schenken. Familien wie der von Sooman eine bessere Zukunft zu ermöglichen. In den großen Flüchtlingskontexten wie den Konflikten in Syrien, Somalia und dem Mittelmeer sind unsere Helfer mit den roten Westen kontinuierlich im Einsatz. Und die Menschen benötigen dringend weiter unsere Hilfe!

„Wir sind einzeln geflohen. Unsere Kinder sind in die eine Richtung gelaufen, meine Frau in die andere und ich in die dritte“, erzählt uns Ibrahim, der wie Sooman in Melkadida lebt. Vor der humanitären Krise in Somalia zählte die kleine Gemeinde etwa 1.000 Einwohner. Inzwischen leben in der kargen Grenzregion über 200.000 Menschen. Eine große Herausforderung für alle Beteiligten. Denn hier sind die Menschen zwar in Sicherheit, doch es bleiben viele Herausforderungen: „Ich wünsche mir, dass ich, mein Mann und meine älteste Tochter hier einen Job finden“, gesteht Amina. Sie lebt seit acht Jahren in Melkadida. „Ich war sechs Tage unterwegs. Zu Fuß. Ich musste meine Mutter in Somalia zurücklassen“, berichtet sie weiter. „Nur Gott weiß, was wird, aber ich würde sie sehr gerne wiedersehen.“

Hilfe am Horn von Afrika

Basismedizinische Versorgung für Melkadida

Ausgelöst durch die schlimmste Dürrekatastrophe in der Geschichte am Horn von Afrika, litten im Sommer 2011 bis zu zehn Millionen Menschen unter einer unfassbaren Hungersnot. In scheinbar endlosen Flüchtlingsströmen flohen Hunderttausende aus den Katastrophengebieten in Somalia nach Kenia und Äthiopien. Dort hofften sie, Dürre, Hunger und Gewalt entkommen zu können. Gefunden haben sie ein Leben in riesigen Flüchtlingslagern.

Seit Beginn der Krise setzt sich humedica für die betroffenen Menschen vor Ort ein. Zentrum unseres Engagements ist Melkadida, eines der fünf größten Flüchtlingslager in der Region. Um die medizinische Notlage im Camp zu verbessern, betreibt humedica dort eine Gesundheitsstation, in der lokale Angestellte täglich bis zu 120 Patienten versorgen. In speziellen Trainings schulen ehrenamtliche Ärzte unsere Mitarbeiter und bereiten sie auf das selbstständige Behandeln von Patienten vor. Parallel bildet humedica Geflüchtete als sogenannte ‚Community Health Worker‘ aus. Sie setzen sich aktiv für Gesundheitsvorsorge und -aufklärung in ihrem sozialen Umfeld ein.

Eine von humedica etablierte Mutter-Kind-Station in der somalisch-äthiopischen Grenzregion konnten wir bereits an das lokale Gesundheitssystem übergeben. Doch in Melkadida wird unsere Hilfe dringend weiter gebraucht: Hier ist humedica der einzige Partner, der das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR bei der medizinischen Versorgung unterstützt. Neben basismedizinischer Behandlungen und der Begleitung vor, während und nach Schwangerschaften, stärken unsere Kollegen die Camp-Bewohner mit Aufklärungskampagnen in den Bereichen Gesundheit und Hygiene.

„Es geht uns gut hier. Wir sind sehr froh, hier sein zu können“, sagt Sooman, die mit ihrer Familie regelmäßig in der Gesundheitsstation ist. „Als ich schwanger war, ging ich zur humedica-Klinik“, erzählt auch Amina. „Und wenn heute meine Kinder krank sind, werden sie dort gut behandelt.“

Wenn Sie unsere Arbeit in Melkadida in all ihren Facetten kennenlernen möchten, laden wir Sie herzlich dazu ein, den ">Video-Blog von unserer Einsatzkraft Hartmut Schotte zu besuchen. Er hat das humedica-Team in Melkadida mehrere Wochen begleitet und seine Eindrücke für uns festgehalten!

Syrienkrise hält an

Mobile Kliniken und psychologische Hilfe im Libanon

Wenn in einem der vielen provisorischen Flüchtlingslager im Bekaa-Tal die humedica-Fahne weht, wissen alle Bescheid: Die mobile Klinik ist da! Ein umgebauter Bus wird hier als fahrende Arztpraxis genutzt. In zwei getrennten Behandlungsräumen arbeiten zwei Ärzte zeitgleich. Dazwischen liegt die kleine Apotheke, die alle wichtigen Medikamente bereithält. Das humedica-Team steuert im Wechsel 30 Zeltsiedlungen im Libanon an. Dort betreuen sie etwa 10.000 Menschen, die andernfalls keine Chance auf medizinische Versorgung hätten.

Denn mittlerweile ist fast jeder vierte Bewohner im Libanon aus Syrien geflüchtet. Das kleine Land hat insgesamt rund zwei Millionen Syrer aufgenommen. Die meisten von ihnen sind nicht registriert, was den Zugang zu Gesundheitsleistungen zusätzlich erschwert.

„Jeden Tag packen wir das Equipment für unsere mobile Klinik zusammen und fahren in eins der Camps“, erzählt Mohammed. Er engagiert sich als Arzt für humedica und kümmert sich mit seinen Kollegen um die vielen Patienten. „Die meisten kommen mit Atemwegsentzündungen oder Hautkrankheiten zu uns“, berichtet Mohammed weiter. Frauen werden vor, während und nach der Schwangerschaft beraten und betreut. Hin und wieder gibt es auch schwerwiegendere Erkrankungen. Fälle, die unsere humedica-Ärzte nicht selbst behandeln können, werden an größere Kliniken überwiesen.

Neben der medizinischen Versorgung kümmert sich unser humedica-Team im Libanon auch um die psychische Gesundheit der Menschen. Im Bürgerkrieg und auf der Flucht haben sie oft Schreckliches erlebt. Um ihre Sorgen und Ängste aufzufangen und bei schweren Traumata reagieren zu können, besucht humedica-Mitarbeiterin Marie regelmäßig die Familien zuhause. In Gruppenstunden mit Kindern, Frauen oder Männern bespricht die Psychosozialarbeiterin wichtige Themen. Sie sensibilisiert, auf die mentale Gesundheit genauso zu achten, wie auf die physische.

Bei unserem letzten Besuch nahm uns Marie mit zu Nahda. „Nahda hat ihre Familie verloren und kam ganz alleine in den Libanon“, erzählt uns Marie. Die beiden Frauen treffen sich seitdem regelmäßig, um über Nahdas Situation zu sprechen. „Als wir uns kennengelernt haben, konnte Nahda nicht schlafen. Sie hatte Depressionen und war sehr verschlossen“, so Marie weiter. Marie organisierte die Überweisung zu einem Psychotherapeuten. „Heute geht es Nahda viel besser. Es ist sehr schön zu sehen, dass sie immer selbstsicherer und offener wird.“

Flucht nach Europa

Ein neues Leben auf Sizilien

„Wenn es morgen regnet, verkaufe ich Regenschirme“, erzählt Mustafa beim gemeinsamen Abendessen humedica-Mitarbeiterin Lisa Wolff. Er kam vor drei Jahren aus Marokko nach Sizilien. Mittlerweile leben auch seine Frau und die beiden Kinder mit ihm in Piedimonte Etneo. Ihren Lebensunterhalt bestreitet Mustafa mit einem kleinen Verkaufsstand.

Unterstützt werden sie von der humedica-Partnerorganisation GiM (Gioventú in Missione). „Angefangen hat unsere Unterstützung vor allem als mobile Hilfe. Viele Flüchtlinge lebten auf der Straße, unter Brücken. Auch im Winter. Wir verteilten Kleidung, Decken, Schuhe und Lebensmittel“, berichtet GiM-Leiter Enos Nolli. GiM versorgt auch bedürftige Italiener. „Auf Sizilien ist die Arbeitslosenzahl generell sehr hoch“, so Enos weiter. Die einheimische Bevölkerung und die Geflüchteten stehen hier vor denselben Herausforderungen.

Auch wenn aktuell kaum noch neue Flüchtlinge in Europa ankommen, bleibt die Situation für die Menschen, die den gefährlichen Weg über das Mittelmeer geschafft haben, angespannt und unsicher. Viele von ihnen haben zuvor mehrere Jahre in Nordafrika gelebt und gearbeitet. Erst mit den politischen Veränderungen dort mussten sie sich weiter auf den Weg nach Europa machen. humedica unterstützt seit mehreren Jahren zwei Projekte in Sizilien, die den Geflüchteten dort beim Start in ein neues Leben unter die Arme greifen und ihnen eine Perspektive geben wollen.

Das ‚Open House‘ von humedica-Partner Missione Tre V onlus ist eine offene Anlaufstelle für Geflüchtete im sizilianischen Ragusa: Eine internationale Gemeinschaft von Ehrenamtlichen bietet hier Italienisch- und Englischkurse, Näh- und Computer-Workshops an. Vor allem aber Wertschätzung, ein offenes Ohr und eine Umgebung, in der man sich wohlfühlt. Oder in netter Gesellschaft eine Tasse Tee oder Kaffee genießen kann.

„Durch das ‚Open House‘ habe ich meine Würde wieder bekommen. Und meine Unabhängigkeit“, sagt Ferial. In ihrer Heimat, dem Libanon, betrieb sie ein erfolgreiches Atelier, hatte Angestellte und produzierte für zahlreiche namhafte Kunden in der arabischen Welt. Nach ihrer Flucht fand sie zunächst selbst Unterstützung im ‚Open House‘. Heute ist sie Teil des Teams. Ferial gibt das, was sie selbst erfahren hat an die Menschen, die auf der Suche nach Halt hierher kommen, weiter.

Unsere Bitte zum Weltflüchtlingstag

Schenken Sie Hoffnung, Gesundheit und Perspektive

Gemeinsam haben wir bereits viel bewegt. Gemeinsam durften wir vielen Menschen in ihrer Not zur Seite stehen, ihnen die Hand reichen und sie auf ihrem Weg begleiten. Gemeinsam möchten wir auch weiterhin Hoffnung schenken. Bitte bleiben Sie Teil unserer Bemühungen!

Dieser Artikel erschien zuvor bereits als humedica-Infobrief. Wenn Sie gerne regelmäßig Informationen aus unseren Projekten erhalten möchten, können Sie sich hier zu unserem monatlichen Newsletter anmelden!