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humedica Einsatzkraft Vera Rothfuß gemeinsam mit einem Kollegen in Äthiopien.
Es war ein breites Gefühlsspektrum, das ich durchlebte, als ich im Zug zu meinem ersten humedica-Einsatz saß. Ich freute mich riesig auf die Eindrücke und Erfahrungen. Schließlich wollte ich schon immer humanitäre Hilfe leisten – das war seinerzeit ein Grund für die Wahl des Medizinstudiums. Und doch waren da auch die Selbstzweifel: „Bin ich die richtige für solch einen Job? Was erwartet mich in Äthiopien?“
Ich kannte die anderen aus dem Team schon, mit denen ich durch den Süden Äthiopiens reisen und dort Menschen behandeln wollte. Wir hatten uns im Vorfeld per Videoanruf getroffen, haben uns über die Packliste ausgetauscht und festgelegt, wer was mitnimmt. Ich war die einzige Neue der Gruppe, die anderen alle erfahrene Einsatzkräfte, die schon viele Einsätze wie diesen absolviert hatten und mir mit ihrer Erfahrung auch Halt geben konnten.
Vier Stunden vor dem Abflug kam ich in Frankfurt an und doch mussten wir am Ende schnell sein, um noch rechtzeitig zum Flieger zu kommen. Neben den Notfallmedikamenten für unser Team, mussten auch die neuen Behandlungspavillions durch den Zoll. Sie sollten nach dem Einsatz in Äthiopien bleiben, um auch zukünftigen Teams eine bessere Behandlungsumgebung geben zu können. Doch zunächst hielten sie uns auf.
Das humedica Team richtet den Ort her, wo es heute Menschen medizinisch behandeln möchte.
Ich hatte einen Nachtflug. Nach kurzer Frühstückspause in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba ging es weiter in Richtung Jinka und von dort in das Gebiet der Dasenech, einer Volksgruppe, die in Dörfern außerhalb der Bezirkshauptstadt lebt. Hier wollten wir erstmal ein paar Tage bleiben und Menschen behandeln. Auf einer, von Dorngestrüpp begrenzten, einigermaßen geraden Stelle bauten wir, gemeinsam mit dem äthiopischen Team, unsere Zelte auf. Bei 35 Grad im Schatten und sengender Sonne eine ziemlich schweißtreibende Angelegenheit.
Krass, mit welch einfachen Mitteln wir hier auskommen mussten. Ganz anders als gewohnt und doch wurde die neue Situation sehr schnell zur Normalität: Ein Loch im Boden als Toilette (an Publikum aus Einheimischen mangelte es hier trotz Sichtschutz bis zum letzten Tag nicht), eine Schöpfdusche bestehend aus Schöpfkelle und Eimer – das Wasser stammte aus einem großen Tank, der einmal wöchentlich durch einen LKW aufgefüllt wird. Außerdem: eine Küche draußen im Sand – in der unseren äthiopischen Köchinnen es schafften, unglaublich leckeres Essen zuzubereiten. Die Stimmung im Team war sehr gut und ich fühlte mich sofort in unserem Camp zuhause.
Auf solchen einfachen Öfen bereitet humedica-Köchin Mimi das äthiopische Nationalgericht Injera zu.
Die Arbeit mit den Patientinnen und Patienten war erst einmal herausfordernd. Die meisten sprachen nur ihre Stammessprache und so mussten Übersetzer zunächst von dieser ins amharische, der offiziellen Amtssprache Äthiopiens übersetzen, um dann ins englische zu dolmetschen. Eine zusätzliche Herausforderung: Viele Fragen, die für mich in Deutschland bei meiner Arbeit zum Standard gehören, darf man im Süden Äthiopiens nicht stellen, etwa weil sie schambehaftet sind. Eine Anamnese mit Hindernissen also, bei der regelmäßig auch Hände und Füße zum Einsatz kamen. Doch es ist unglaublich, wie schnell und wie gut wir zurechtkamen.
Auch viele Kinder werden von den humedica-Einsatzkräften behandelt.
Die meisten der Patientinnen und Patienten kamen mit klassischen Erkältungssymptomen, Magen-Darm-Infekten, Rücken- und Gelenkschmerzen, Mangelernährung/ Exsikkose, Wunden, Malaria, Parasiten, etc. Also so gar nicht meine Expertise als Gynäkologin. Da war es gut, dass unser Team aus den unterschiedlichsten medizinischen Fachrichtungen kam und wir uns jederzeit gegenseitig unter die Arme greifen konnten. Den Zusammenhalt im Team, das Miteinander und dass wir uns auch in schwierigen Situationen, die zu solch einem Einsatz auch dazu gehören, gegenseitig aufgefangen haben, werde ich auf jeden Fall in besonderer Erinnerung behalten.
Die Menschen, die zu uns kamen, haben oft über Jahre keinen Arzt mehr gesehen. Bis auf Geburten kosten alle medizinischen Behandlungen in Äthiopien Geld. Außerdem sind Krankenhäuser oft mehrere Stunden Autofahrt weit weg. Die meisten hier konnten sich weder Behandlung noch die Reise leisten und waren dementsprechend dankbar, dass wir da waren.
Nach plötzlich auftretenden Regenfällen ist der Weg überflutet und das Fahrzeug muss aus dem Wasser gezogen werden.
Acht Tage waren wir an unserem ersten Standort. Dann wechselten wir zu einem anderen Volksstamm, den Hamer. Fast mit dem Ortswechsel änderte sich auch das Wetter. Von einem Moment auf den anderen fing es zu regnen, man hatte das Gefühl, die Welt ginge unter, so stark war es. Aus dem Nichts entstanden reißende Flüsse, so dass wir einen Tag nicht zurück zu unserem Camp kamen und woanders übernachten mussten. An Behandlungen in den Pavillons war nicht zu denken. Gut, dass wir in einem Ort eine alte Schule fanden. Nichts mehr als Wellblechwände und ein Dach, doch es reichte, um darin zu behandeln.
Insgesamt konnten wir in den knapp drei Wochen unseres Aufenthaltes etwa 3.000 Menschen helfen. Eine gute Bilanz.
Ich bin sehr dankbar, dass ich diesen Einsatz begleiten durfte und so ein wundervolles Team an meiner Seite hatte! Immer wieder habe ich mich gefragt: Wie kann es sein, dass wir so ein Glück hatten, in Europa geboren worden zu sein? Ein Ärzteeinsatz mit humedica macht demütig. Doch ich würde ihn jederzeit wieder antreten.