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CSU Bundestagsabgeordneter Hartmut Koschyk ist Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Vertriebene und Flüchtlinge“ sowie Ehrenpräsident der deutsch-koreanischen Gesellschaft und Co-Vorsitzender des deutsch-koreanischen Forums. Seit 2001 engagiert er sich im Besonderen für die Menschen in Nordkorea und unterstützt dabei auch die Arbeit von humedica. Wir durften Herrn Koschyk für ein Interview in seinem Heimatort Goldkronach besuchen:

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Lieber Herr Abgeordneter Koschyk, vielen Dank, dass Sie humedica und unserem gemeinsamen Anliegen heute Zeit in einem sicherlich vollen Terminkalender einräumen. Danke auch für die Einladung in Ihre fränkische Heimat Goldkronach, fernab der pulsierenden Weltstadt Berlin, Ihrem zweiten Zuhause. Hilft Ihnen die Beschaulichkeit des Wahlkreises, um Kraft für die Herausforderungen zu haben? Wo fühlen Sie sich wohler?

Hier lebe ich mit meiner Familie, hier sind die Menschen, die mir das Vertrauen geschenkt haben, meine politische Arbeit in Berlin zu tun und natürlich ist der Raum, wo Familie und Freunde leben, wo die Menschen leben, die die Basis für meine Arbeit in Berlin sind, das ist für mich der Rückzugsraum; hier bin ich gerne und so oft es irgendwie geht.

Sie blicken regional wie national auf eine lange, politische Karriere zurück. Es fällt auf, dass Sie sich immer wieder für Themen engagieren, die vermeintlich unpopulär sind, aber Menschen in Not zum Fokus haben. Sie waren lange Jahre Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Vertriebene und Flüchtlinge“. Was führte zu diesem Interesse an der Demokratischen Volksrepublik Korea und damit letzten Endes auch zu Ihrem Engagement?

Mein Engagement als Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Vertriebene und Flüchtlinge“ der CDU/CSU und Bundestag rührt daher, dass meine Eltern Vertriebene gewesen sind, die es nach dem Krieg aus Oberschlesien nach Franken verschlagen hat und wenn man in eine solche Vertriebenen-Familie hineingeboren ist, bringt das mit sich, dass man sich für bedrängte Menschen heute in anderen Regionen der Welt einsetzt.

Zu Korea bin ich durch mein Engagement in der Enquete-Kommission Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland gekommen, weil ich mich acht Jahre im deutschen Bundestag mit den Folgen der deutschen Teilung und dem Weg hin zur deutschen Wiedervereinigung befasst habe, hat mir damals Herr Schäuble als Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU die Aufgabe übertragen, Vorsitzender der deutsch-koreanischen Parlamentariergruppe zu werden.

Im Jahr 2001 hatte die Bundesrepublik Deutschland um die innerkoreanische Annäherungspolitik von Präsident Kim Dae-Jung, dem späteren Friedensnobelpreisträger, zu unterstützen, diplomatische Beziehungen zu Nordkorea aufgenommen, und ich habe dann ab dem Jahr 2002 bis zum Jahr 2008 regelmäßig Nordkorea besucht.

Wann waren Sie zuletzt im Land?

Zuletzt war ich im Jahr 2008 in Nordkorea, weil mit der Übernahme des Amtes des parlamentarischen Staatssekretärs im Finanzministerium 2009, war es mir nicht mehr möglich nach Nordkorea zu reisen, denn unsere Beziehungen sind zurzeit eher geschäftsmäßig und deshalb wäre es auch ein falsches Signal, wenn ein Staatssekretär aus dem Finanzministerium derzeit nach Nordkorea reist.

Wie fällt Ihre aktuelle Situationsanalyse für die Demokratische Volksrepublik Korea aus und von welchen Faktoren ist diese Situation de facto abhängig?

Nordkorea ist jetzt in der Phase des Übergangs, nach dem Tod von Kim Jong Il, bemüht sich sein Sohn Kim Jong Un im Land die Macht vollständig zu übernehmen. Das scheint ihm gelungen zu sein. Ob der Machtwechsel von Kim Jong Il an Kim Jong Un auch eine Veränderung für die Menschen bedeutet, ob es mehr Öffnung des Landes gibt, ob es mehr Freiheit und Menschenrechte gibt, da bin ich zurzeit eher skeptisch. Ich glaube, auch Kim Jong Un wird alles dazu tun, um die Macht von sich und seiner Familie zu stabilisieren.

Ob sich nach den Wahlen in Amerika und nach den Wahlen in Südkorea neue Gesprächsfäden zwischen den beiden Staaten auf der koreanischen Halbinsel und auch zwischen Nordkorea und den USA ergeben, ob es wieder Chance auf die Fortsetzung der sechs-Parteien-Gespräche gibt, um durch die Nuklear-Frage eine Entspannung auf der koreanischen Halbinsel zu erlangen, das alles kann man heute noch nicht absehen.

Welche Ziele verfolgt die deutsch-koreanische Gesellschaft, deren Ehrenpräsident Sie sind, oder auch das deutsch-koreanische Forum, für das Sie als Co-Vorsitzender fungieren?

Die deutsch-koreanische Gesellschaft wurde nach Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zu Südkorea in den 60er-Jahren gegründet. Heute kümmert sie sich um die Ausgestaltung der Beziehung zwischen Deutschland und Korea. Wir haben ja im nächsten Jahr zwei Jubiläen: die 130 Jahre offizielle Aufnahme von Beziehungen zwischen dem damaligen deutschen Kaiserreich und dem koreanischen Königreich.

Vor 50 Jahren sind durch ein Anwerbeabkommen zwischen dem damaligen Südkorea und der alten Bundesrepublik, die ersten Südkoreaner als Krankenschwestern und Bergarbeiter nach Deutschland gekommen; das alles wollen wir nächstes Jahr würdigen.Die deutsch-koreanische Gesellschaft bemüht sich, die gesellschaftlichen, die menschlichen Brücken zwischen den Menschen in Deutschland und in Korea zu pflegen.

Das deutsch-koreanische Forum ist eine Initiative des damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau und des damaligen südkoreanischen Staatspräsidenten Kim Dae-Jung. Es wurde während des Besuchs von Bundespräsident Rau in Südkorea, Anfang 2000 gegründet. Es ist ein Expertengremium von Experten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur, Gesellschaft beider Länder, das sich jährlich einmal in Korea, einmal in Deutschland trifft. In diesem Jahr werden wir das elfte Forum in der Gangwon-Provinz in Südkorea, direkt an der innerkoreanischen Grenze haben.

humedica hat die Demokratische Volksrepublik Korea als Empfängerland schon viele Jahre im Fokus, konnte immer wieder Hilfsgüter ins Land bringen und plant weitere Aktivitäten. Wie bewerten Sie die Arbeit von humedica?

Ich bewerte die Arbeit von humedica und anderen humanitären Hilfsorganisationen sehr wichtig. Das zeigt den Menschen in Nordkorea, dass sie nicht vergessen sind. Es gibt ja auch Beziehungen zwischen Deutschland und Nordkorea durch die damalige DDR, wo viele Nordkoreaner ihre Aus- und Weiterbildung erfahren haben, wo auch Waisenkinder aus dem Koreakrieg aufgewachsen sind.

Deutschland hat in Nordkorea einen guten Klang; die Menschen dort haben nicht vergessen, dass wir zum Beispiel durch die Rindfleischlieferungen und durch weitere humanitäre Hilfe nach 2000, nach Aufnahme der diplomatischen Beziehungen, getan haben; und deshalb ist es wichtig, dass wir durch humanitäre Hilfe für Nordkorea, den Menschen dort ein Signal setzen, dass wir ungeachtet unserer Ablehnung des menschenverachtenden Regimes, doch an die Menschen in Nordkorea denken.

Sie haben sich bereit erklärt, das humedica-Engagement in der Demokratischen Volksrepublik zu unterstützen. Ist es über Nicht-Regierungs-Organisationen, die in aller Regel eben keine politischen Philosophien exportieren leichter, Hilfe in eigentlich geschlossene Länder zu bringen?

Das kommt darauf an, ob die Länder solche Hilfe gestatten. Mit Nordkorea haben wir die Erfahrung gemacht, dass sie doch immer wieder auch nicht-staatlichen humanitären Hilfsorganisationen die Möglichkeit einräumen, den Menschen im Land zu helfen. Das unterstützen wir, deshalb setzen wir uns auch gegenüber staatlichen Stellen in Nordkorea für Öffnung für Hilfslieferungen ein.

Wir wollen aber dann auch eine Kontrolle darüber haben, dass die Hilfslieferungen wirklich die bedürftigen Menschen erreichen und nicht etwa in den Kasernen der nordkoreanischen Armee verschwinden.

Was ist Ihr Wunsch für die Demokratische Volksrepublik Korea?

Dass sich das Land öffnet, dass das Land politische Reformen durchführt, dass sich die Menschenrechtslage verbessert, dass das Land mehr mit Südkorea kooperiert, damit eines Tages auf der koreanischen Halbinsel auch das möglich ist, was wir in Deutschland erfahren durften; nämlich, dass getrennte Menschen, getrennte Familien, ein getrenntes Volk zu einem Volk in Freiheit, Demokratie und Frieden zusammenfindet.

Herr Abgeordneter Koschyk, wir danken Ihnen herzlich für dieses Gespräch und möchten Ihnen und Ihrer Familie alles Gute und Gottes reichen Segen wünschen.

Ich danke Ihnen.

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