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Über 140 Einsatzkräfte entsandte humedica seit Januar nach Haiti, um den Opfern des Erdbebens medizinische Versorgung zukommen zu lassen. Eine der momentan behandelnden humedica-Einsatzkräfte ist die Oldenburger Ärztin Anne C. Schmitt. In ihrem aktuellen Bericht schildert sie ihre Gefühle, Hoffnungen und Erfahrungen in Haiti.

„Es geht in die letzte Woche und so sehr ich mich auf zu Hause freue, sehe ich doch die ganze Arbeit, die hier noch getan werden muss oder könnte. Immer noch benötigen sehr viele der Menschen dringend Hilfe. Und immer noch stehen handgeschriebene Schilder an der Straße mit den Worten “We need help, thank you” (Wir brauchen Hilfe, danke.) und einem Pfeil, der auf ein Dorf oder Camp jenseits der Straße zeigt. In manche Bergdörfer ist bisher keine – weder medizinische noch sonstige – Versorgung durchgedrungen.

Aber man muss auch die immense Arbeit sehen, die bisher geleistet wurde, größtenteils durch verschiedene Hilfsorganisationen. Unmittelbar nach dem Erdbeben haben diese Schilder mit Hilferufen wohl an jeder Ecke gestanden. Inzwischen hat sich die Zahl der geschriebenen Hilferufe deutlich minimiert.

Vor wenigen Tagen waren wir in einem Kinderheim, um die Kinder medizinisch zu versorgen. Die Betreuer und die dort lebenden Kinder haben durch das Beben alles verloren. Durch großartige Unterstützung konnten sie sich aber bereits wieder einiges aufbauen und auch unser humedica-Team konnte einen Teil dazu beitragen, dass dort wieder Normalität und Alltag einkehren.

Es war toll, mit welcher Freude wir dort begrüßt wurden. Selbst nach getaner Arbeit sind wir noch geblieben, um mit den Kindern zu spielen und ihre unglaubliche Neugierde zu befriedigen. So können selbst die Kleinsten jetzt Herzschläge abhören und wissen, was das Herz für eine Aufgabe hat.

Meine Kollegin hat darüber hinaus eine kurze Deutschstunde abgehalten, weil die größeren Kinder alles über die Heimat der “Weißen” wissen wollten. Wir wurden nicht nur mit einem fröhlichen “Tschüüüüüss” verabschiedet, sondern es gibt jetzt ein ganzes haitianisches Kinderheim, das während der Fußballweltmeisterschaft fest für Deutschland die Daumen drücken wird!

In unserer täglichen Arbeit in den mobilen Kliniken treffen wir auf viele verschiedene Erkrankungen und auch unterschiedliche, teils schreckliche Schicksale. Eine unserer Sprechstunden findet in einem Dorf statt, direkt an einem großen Trümmerhaufen, der vergangene Woche beseitigt wurde. Eine der Patientinnen berichtete, dass das Gebäude die Dorfschule war, in der 21 Kinder ums Leben kamen und erst jetzt geborgen und betrauert werden konnten.

Erstaunlich rasch habe ich mich an den Anblick der eingestürzten Häuser gewöhnt. Aber all diese Trümmer haben ihre Geschichten und Schicksale. So haben wir in Port-au-Prince die renommierteste Krankenschwesternschule gesehen, von deren 109 Schülerinnen nur sechs Frauen das Beben überlebt haben. Neben diesen Gebäuden gibt es glücklicherweise aber auch viele, die nur zum Teil eingestürzt sind und mittlerweile mit Hilfe von Planen wieder genutzt werden können.

Rückblickend und vorausschauend denke ich, dass wir mit unserer Arbeit in Haiti über die Behandlung hinaus viel erreicht haben. Wir haben viele Menschen und ihre Schicksale kennenlernen dürfen und viele verschiedene Geschichten gehört.

Darüber hinaus werden wir auch etwas hinterlassen: die Idee, medizinische Versorgung nicht mehr als reine Nothilfe zu sehen, sondern den Schritt zu gehen zu einer nachhaltigen Gesundheitsversorgung, in der man die Patienten kennt, Prävention betreibt und medizinische Aufklärung verfolgt.

Neben der vielen Trostlosigkeit habe ich hier in Haiti auch Menschen getroffen, die eine Vision haben und daran arbeiten, etwas Gutes für Ihr Land zu tun. Wie zum Beispiel die Eheleute, die das Kinderheim leiten und versuchen möchten, eine Schule aufzubauen, weil sie wissen wie wichtig Bildung für Ihre Schützlinge ist.

Auch weiterhin brauchen die Menschen in Haiti viel Unterstützung und ich bin dankbar für die Arbeit, die humedica hier am Ort leistet und die es mir letztlich auch ermöglicht hat, meinen Teil dazu beizutragen.

Wir befinden uns momentan mitten in der Regenzeit und erhalten inzwischen die ersten Sturmwarnungen. Man kann für Haiti und die Menschen nur hoffen, dass keine Hurrikans oder tropische Stürme das Land treffen. Das würde ein Großteil der Zeltstädte mit großer Wahrscheinlichkeit nicht überstehen. Geschweige denn die verheerenden Auswirkungen für die Menschen, die zum Teil immer noch nicht die Ereignisse vom Januar verarbeitet haben.“

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