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Bei humedica treffen wir immer wieder ganz besondere Menschen. Herzensmenschen, ohne deren Unterstützung und Engagement unsere Hilfe gar nicht möglich wäre. Christiane Bähr ist eine von ihnen. Eigentlich reist sie im April auf die Philippinen, um Urlaub zu machen. Doch sie hat angeboten, in diesem Zuge auch gleich unsere humedica-Projekte zu besuchen. Sie wird uns davon berichten, wie es den Menschen nach den Taifunen im vergangenen Jahr mittlerweile geht. Dafür ist sie genau die Richtige. Weshalb? Das erzählt Christiane uns im Interview.

Liebe Christiane, Du warst bereits vier Mal für humedica im Einsatz auf den Philippinen. Zuletzt im September 2018 nach dem Taifun Mangkhut. Welche Situationen haben Dich jeweils vor Ort erwartet?

Oh das war immer sehr unterschiedlich. Kurz nach meinem humedica-Einsatztraining begleitete ich 2011 die Hilfsmaßnahmen auf den Philippinen nach den Taifunen „Nesat“ und „Nelgae“. Das war mein erster Einsatz. Wir behandelten im Rahmen mobiler Kliniken die Betroffenen auf der Hauptinsel Luzon. Daneben ging es vor allem um Wiederaufbaumaßnahmen. Viele Fischer hatten ihre Boote und damit ihre Einkommensgrundlage verloren. Mit Hilfe der humedica-Spendengelder konnten wir sie mit neuen Booten und Fischernetzen unterstützen.

2013 nach dem Supertaifun Yolanda, auch als Haiyan bekannt, war die Situation eine ganz andere. Dieser Einsatz war sehr intensiv und zunächst sehr chaotisch. Als wir ankamen, standen wir erstmal vor dem Nichts. Wir haben sofort mit der medizinischen Hilfe begonnen. Ich war zwei Wochen vor Ort und bin wenige Monate später für ein ganzes Jahr zurückgekehrt. Als Koordinatorin habe ich für humedica die Familienpatenschaften betreut. Im Fokus stand aber auch der Wiederaufbau. In meinem Jahr auf den Philippinen haben wir das Mother-of-Mercy-Krankenhaus wiederaufgebaut. Auch eine Geburtsstation, viele Wohnhäuser, ein Evakuierungszentrum und eine ländliche Gesundheitsstation sind in dieser Zeit entstanden. Alles dank der Unterstützung der Spender aus Deutschland. Ich konnte mit einem sehr guten Gefühl nach Hause reisen, als alles abgeschlossen war.

Im September 2018 unterstützte ich dann gemeinsam mit dem humedica-Arzt Felix Mittag die Partnerorganisation PHILRADS. Das war wieder etwas ganz anderes. Wir reisten mit dem Partner durch die betroffenen Regionen und evaluierten die Situation vor Ort. Gemeinsam entschieden wir, in der Region Benguet aktiv zu werden. Hier hatten durch den Taifun ausgelöste Erdrutsche unzählige Häuser zerstört. Tausende Menschen waren von jetzt auf gleich ohne Dach über dem Kopf. Die Erdrutsche waren hier so verheerend, weil illegale Minen den Boden zusätzlich destabilisiert hatten. Die Menschen verloren also nicht nur ihr Zuhause, sondern auch ihre Arbeit. Deswegen konzentrierte sich unsere Hilfe hier vor allem auf Weiterbildungsmaßnahmen. Wir möchten den Bewohnern in der Region neue, legale Einkommenswege ermöglichen. Von Friseur und Make-up-Artist bis hin zu Weber, Schweißer und Maurer. Für jeden sollte etwas dabei sein. Das kann man sich vorstellen wie bei uns eine Volkshochschule. Die Menschen erhalten nach Absolvierung ein auf den Philippinen anerkanntes Zertifikat. Die Ausbildung, Startfinanzierung und Ausrüstung wird jeweils von humedica übernommen.

Dieses Projekt wirst Du jetzt auch nochmals besuchen. Was sind Deine Aufgaben vor Ort?

Ich werde pünktlich zum Ausbildungsende einiger Teilnehmer vor Ort sein. Im Idealfall kann ich die Übergabe des Startkapitals und der Ausrüstung begleiten. Ich bin sehr gespannt, wie das abläuft.

Gemeinsam mit PHILRADS werde ich die aktuellen Bedarfe nochmals genau prüfen. Es gibt immer noch den Bedarf für den Wiederaufbau von Häusern. Viele Menschen leben nach wie vor in provisorischen Unterkünften oder sind zur Familie in andere Regionen gezogen.

Für mich als Sozialpädagogin ist auch spannend zu sehen, wie die Familienberatungen und Trauma-Bewältigung vor Ort umgesetzt werden. Das kommt oft zu kurz, ist aber wahnsinnig wichtig. Vor allem für die betroffenen Kinder. Aber auch für die Helfer, die den ganzen Tag in der Hitze standen und Tote und Verletzte geborgen haben. Hier wurde in der akuten Phase schon dafür gesorgt, dass Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Der Fokus sollte aber auch auf die weitere Nachsorge gelegt werden. Das werde ich mir ansehen.

Meine Aufgaben und die von humedica ändern sich aber im Moment kontinuierlich. Deswegen sind diese Besuche so wichtig. Die Philippinen sind wahnsinnig engagiert in der „Disaster Preparedness“, also in der Vorbereitung für den Krisenfall. Das ist gut so, denn die Wahrscheinlichkeit, dass hier immer wieder etwas passiert ist leider sehr hoch. Neben Erdbeben, Wirbelstürmen und Vulkanausbrüchen gibt es teilweise auch gewaltsame Konflikte auf den Philippinen. Es ist wichtig, sich auf den Ernstfall vorzubereiten. Besonders was die Naturkatastrophen betrifft. Hier haben die Philippinen viel aus Yolanda gelernt.

Für Dich waren diese Einsätze bestimmt auch sehr prägend. Ist Dir eine Geschichte, eine Begegnung oder ein Gefühl besonders in Erinnerung geblieben?

Das ist eine schwierige Frage. Ich habe so viele Erinnerungen an die Philippinen.

Aber es gibt schon Geschichten, die man im Gedächtnis behält. Bei meinem Aufenthalt direkt nach Yolanda zum Beispiel hatten wir schon geplant, unsere Zelte neben dem Militärstützpunkt aufzuschlagen. Dann hat uns aber eine Frau angeboten, in ihrem Haus zu wohnen. Es war als eines der wenigen unbeschädigt geblieben. Die Herzlichkeit, mit der sie uns begegnet ist, war einfach unglaublich toll. Mit ihr habe ich immer noch Kontakt und besuche sie regelmäßig. Es ist jedes Mal auch etwas ganz Besonderes, zu diesem Haus zurückzukommen.

Ähnlich ist es mit dem Mother-of-Mercy-Krankenhaus, das damals unsere erste Anlaufstelle war. Auch hier schaue ich immer vorbei, wenn ich auf den Philippinen bin. Auch dort werde ich immer mit offenen Armen begrüßt.

Die Philippinen und ganz besonders Tacloban sind für mich zu einem zweiten Zuhause geworden. Mein Herz hängt an den Menschen dort. Ich bin nach wie vor mit vielen in Kontakt, die ich in den letzten Jahren dort kennenlernen durfte. Sie besuche ich eigentlich jedes Mal, wenn ich dort bin. Das ist inzwischen fast jährlich. Aus den Begegnungen sind richtig wertvolle Freundschaften geworden. Sobald ich auf den Philippinen lande, bin ich voll und ganz dort angekommen.

Liebe Christiane, herzlichen Dank für das tolle Gespräch und Deinen unglaublichen Einsatz! Wir wünschen Dir eine gute Reise und viele schöne Momente auf den Philippinen.