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Simone Hartel studiert Medizin in Marburg und ist seit dem 9. Februar für humedica in Haiti im Einsatz. Tatkräftig und mit großem Engagement unterstützt sie die Ärzte im Krankenhaus der Hoffnung, wechselt Verbände, untersucht die Patienten und ist für sie ein Zuhörer, wenn diese über ihre Erlebnisse sprechen möchten. So auch die junge Marilin, deren Erlebnisse Simone aufgeschrieben hat.

„Marilin befand sich am Tag des Erdbebens gerade in der Universität an der sie Buchhaltung studiert. Der Raum in dem sich sich befand, lag im zweiten von mehreren Stockwerken. Als alles um sie herum zu schütteln und einzustürzen begann, war an eine Flucht oder an ein Unterstellen unter einen Türsturz nicht mehr zu denken.

Das gesamte Gebäude ist in sich zusammengestürzt und die junge Frau lag drei Tage unter den Trümmern verschüttet. Auf ihren Waden lagen schwere Betonbrocken und ihre Arme waren ebenfalls von herabstürzenden Haustrümmern verletzt worden. Aber auch die psychische Belastung war schwerwiegend: die gesamte Zeit kauerte sie – eingeschlossen im Chaos – neben einer durch den Einsturz getöteten Frau.

Ich kann und möchte mir nicht vorstellen, wie man sich in so einer Situation fühlt. Und obwohl Marilin und ich viel miteinander geredet haben, habe ich immer noch nicht einmal ansatzweise eine Vorstellung davon. Sie erzählte, sie habe in der ganzen Zeit nie geweint. Und sie habe nie die Hoffnung verloren. Das war für mich das absolut Unvorstellbarste und hat mich sehr bewegt.

Sie hat immer wieder geschrien bis sie heiser war und auf diese Weise Helfer auf sie aufmerksam wurden. Noch während der Bergungsarbeiten wurde Marilin nach ihrem Namen und der Handynummer ihrer Familie gefragt, die umgehend darüber informiert wurde, dass ihre Tochter noch lebe.

Damit war ihr Leidensweg aber noch nicht zu Ende. In den nächsten drei Tagen wurde sie von einem Krankenhaus zum anderen gefahren. Alle Krankenhäuser waren durch die immense Patientenzahl überlastet, alle Betten belegt. In keiner der Kliniken konnte sie bleiben, geschweige denn operiert werden.

Das Hopital Espoir war das dritte oder vierte Krankenhaus das aufgesucht wurde und in dem sie schließlich auch aufgenommen werden konnte. Für ihren Arm gab es leider keine Rettung mehr. Er musste von unseren Chirurgen am Oberarm amputiert werden. Ihr Körper war mit unzähligen Verletzungen übersät. Die Unterschenkel und die Füße waren besonders schwer betroffen.

Wochenlang hat sie nicht gelächelt, keine Emotionen gezeigt. Sie sagt, das sei wegen der starken Schmerzen gewesen. Die psychischen Auswirkungen der drei Tage, unter Trümmern eingekeilt, ohne Licht, ohne Wasser, schwer verletzt und teilweise heftig blutend, haben sicher das ihrige dazu beigetragen.

Aber mit der Zeit ist sie bei uns aufgeblüht. Ihr Lächeln ist zurückgekehrt. Genauso wie ihr unbändiger Lebenswille und Wunsch, wieder gesund zu werden. Mittlerweile schenkt sie uns immer häufiger ein Lächeln und Lachen.

Sie erzählte mir, dass sie die gesamte Zeit unter den Trümmern gebetet und auf ihre Rettung gewartet habe. Und auch nach ihrer Bergung war sie stets voller Glauben an ihre Genesung, hatte zu keinem Zeitpunkt Angst vor dem Tod und dachte nicht einmal daran, dass sie sterben könne. Dies war für sie persönlich schlicht keine Option.

Als sie mir ihre Gefühle beschrieben hat, habe ich sie nur fassungslos angeschaut. So viel Mut, Hoffnung und Zuversicht wollten einfach nicht in meinen Kopf. Aber ich kenne sie ja jetzt schon eine Weile und weiß, dass es stimmt, was sie erzählt. Und diese Frau ist nur eine von den vielen unglaublichen Menschen mit ihren unglaublichen Schicksalen hier."

Bitte helfen Sie mit Ihrer Spende Menschen, die wie Marilin schwere Schicksalsschläge erlitten haben.

humedica e.V.
Spendenstichwort "Erdbeben Haiti"
Konto 47 47
BLZ 734 500 00
Sparkasse Kaufbeuren

BITTE SPENDEN SIE AUCH HIER ONLINE. Vielen Dank.