Direkt zum Inhalt

Ärztin Sabine Kirchner war für humedica bereits in den verschiedensten Katastrophengebieten im Einsatz und sah sich mit Überschwemmungen, Taifunen und Flüchtlingslagern konfrontiert. Ihr aktueller Einsatz in dem unter der Ebola-Epidemie leidenden Land Liberia stellt sie jedoch vor ganz neue Herausforderungen. In ihrem aktuellen Blog berichtet sie über die gefährliche Lage im Land und wie humedica mit Unterstützung des Auswärtigen Amts helfen kann.

Tag 7 in Liberia

Am Morgen meldet uns Jaquelyn, eine Mitarbeiterin des liberianischen Gesundheitsministeriums, dass alle 240 Gesundheitseinrichtungen im Land wieder geöffnet sind. Eine gute Neuigkeit für die Menschen in Liberia, für uns bedeutet das jede Menge Arbeit, für die Mitarbeiter in den lokalen Gesundheitsstationen eine enorme Herausforderung. Doch die schlechte Nachricht folgt sofort: Die Angestellten eines großen Ebola-Zentrums streiken.

Von der Regierung wurden ihnen höhere Gehälter für die risikoreiche Arbeit versprochen, im September haben sie aber nur ihren Basislohn erhalten. Das Finanzministerium erklärte sich damit, dass die Gelder aus dem Ausland nicht so fließen würden wie erwartet. Wohin sollen die Krankenhäuser nun aber Ebola-Patienten und Ebola–Verdachtsfälle schicken? Die Nachricht, dass ein anderes Ebola-Behandlungszentrum noch freie Betten hat, bringt allgemeine Erleichterung.

Ich bin heute mit Team Nummer vier in Monrovias Stadtteil Bannersville unterwegs. Die ganze Nacht hat es geregnet, die Wege gleichen Schlammfeldern, die Kinder spielen im Matsch am Straßenrand. Ohne Allradfahrzeug könnten wir keine einzige Gesundheitsstation erreichen.

An einer Tankstelle am linken Straßenrand hat sich in aller Frühe eine Menschenmenge versammelt. Unsere Fahrer San und Jessica kommentieren die Szene gleichzeitig mit „a body“. Ich verstehe nicht so recht, bis ich an einer Zapfsäule einen leblosen Körper und das Ebola response team erkenne. Bisher habe ich nur in den Medien Bilder von leblos auf der Straße zusammenbrechenden Menschen in Westafrika gesehen. Alle Umstehenden halten mehrere Meter Abstand.

Momentan gehen viele Liberianer davon aus, dass jeder Tote an Ebola gestorben sein und verbrannt werden muss. Ein Vorgehen, das sich völlig gegen die hiesige Bestattungskultur richtet, und so haben sich schon illegale Bestattungsunternehmen formiert, die Verstorbene im Auftrag der Angehörigen heimlich nachts im Dschungel beerdigen. Allerdings sterben hier sicher genauso viele Menschen an Malaria, Tuberkulose oder Aids.

Aus dem Radio schallt heute einmal mehr die Stimme des liberianischen Gesundheitsministers, der die Menschen auffordert, sich umgehend in eine Gesundheitsstation zu begeben, wenn sie sich krank fühlen. Er erklärt, dass selbst bei Ebola eine Heilungschance besteht. Ich denke daran, was alles auf die Mitarbeiter der Gesundheitszentren zukommt und wie viele von ihnen wir noch dringend schulen müssen.

Endlich erreichen wir die Healthline Medical Clinic. Während die leitende Krankenschwester Sizilia noch einen Patienten behandelt, zeigt mir ihre Kollegin Vivian die Klinik. Es ist ein ausgesprochen großes und helles Gebäude mit zehn Angestellten. Im Gang stehen mehrere Schulbänke. Auf meine Frage nach deren Grund, erklärt mir Vivian, dass sich im Gebäude eine Laborantenschule befindet. Eine Schülerin studiert vor dem Gebäude ihr Lehrbuch, denn alle Ausbildungseinrichtungen in Liberia sind zurzeit geschlossen.

Nach unserem gewohnten Prozedere geht es weiter zur nächsten Einrichtung, dem Forkay`s Maternity & Rescue Home. Draußen empfängt uns Leiterin Esther. Und obwohl wir hier schon einmal gewesen sind und eine Schulung durchgeführt haben, trägt sie weder geschlossene Schuhe noch Schutzkleidung. Das Wartezimmer ist voller Patienten, Esther versichert uns glaubhaft, dass vor ihrem Eintreten in die Klinik eine Befragung erfolgt ist.

Sie fragt uns, wie sie Desinfektionstabletten dosieren soll und zeigt uns eine Kiste mit Hilfsgütern, die sie vom Gesundheitsministerium erhalten hat. Sämtliche Aufschriften sind nur in chinesischen Schriftzeichen. Ich nehme eine Tablette in die Hand. Sie riecht nach Chlor, worauf ich ihr ein Mischverhältnis vorschlage.

Anschließend überreichen wir Esther und ihrem Team unsere Hilfsgüter und verdeutlichen ihre Verwendung. Alle sind begeistert und eine Hebamme erzählt uns stolz, dass sie nach einem Ebola-Verdachtsfall vor zwei Monaten, neben der Reinigungskraft als einzige Angestellte bei Esther und der Klinik geblieben ist und seitdem 20 Geburten leiten konnte.

Nach dieser schönen Neuigkeit machen wir uns auf den Heimweg. Weil wir alle hungrig sind, machen wir unterwegs noch Halt an einem Fingerfood-Restaurant mit original liberianischer Küche. Heute gibt es Cassava, eine Wurzel, die ein wenig an eine Kartoffel erinnert. Ein bisschen traurig bin ich schon, wenn ich daran denke, dass morgen mein letzter Tag in Monrovia ist. Es könnte so schön hier sein, wenn nicht an jeder Ecke diese unsichtbare und schlimme Gefahr lauern würde!

Liebe Freunde und Förderer, das humedica-Team arbeitet weiterhin unter Hochdruck an der Umsetzung von Hilfsmaßnahmen für das besonders betroffene Land Liberia. Bitte unterstützen Sie dieses Engagement mit einer wertvollen Spende. Vielen Dank!

humedica e. V.
Stichwort "Ebolahilfe"
IBAN DE35 7345 0000 0000 0047 47
BIC BYLADEM1KFB
Sparkasse Kaufbeuren

Die Hilfe von humedica in Liberia wird unterstützt vom Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland, action medeor e. V., BILD hilft e. V. „Ein Herz für Kinder“, Medical Teams International (MTI), Flughafen München. Herzlichen Dank allen institutionellen und privaten Förderern.