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Ärztin Sabine Kirchner war für humedica bereits in den verschiedensten Katastrophengebieten im Einsatz und sah sich mit Überschwemmungen, Taifunen und Flüchtlingslagern konfrontiert. Ihr aktueller Einsatz in dem unter der Ebola-Epidemie leidenden Land Liberia stellt sie jedoch vor ganz neue Herausforderungen. In ihrem aktuellen Blog berichtet sie über die gefährliche Lage im Land und wie humedica mit Unterstützung des Auswärtigen Amts helfen kann.

Tag 6 in Liberia

Dieser Tag beginnt mit einer kleinen Andacht über die Fußwaschung Jesu. Es trifft damit genau unsere Situation, geduldig sollen wir immer wieder den Mitarbeitern in den Gesundheitseinrichtungen die Hygienevorschriften erklären und die erforderlichen Maßnahmen veranschaulichen. Da habe ich noch viel zu lernen, Jesus fordert seine Jünger auf, einander die Füße zu waschen und nicht die Köpfe.

Nach dem Meeting ziehe ich mit meinen Kollegen von MTI los. Auch heute steht, wie in den vergangenen zwei Tagen, Kontrolle und Erklärung von Hygienestandards in Gesundheitsstationen und Krankenhäusern auf dem Plan.

Unterwegs beobachten wir viele Händler, die ihre Verkaufsstände aufbauen. Die meisten Waren bringen sie mit der Schubkarre. Auch fahren wir an einer Siedlung mit mehreren schicken kleinen neuen Häusern vorbei. Die meisten sind unbewohnt und werden zur Vermietung oder zum Verkauf angeboten. Hier wird viel gebaut und das richtig mit Zement und Ziegelsteinen.

Josef, mein Kollege von MTI, erzählt mir, dass die Miete für so ein Häuschen monatlich 150 US-Dollar beträgt, obwohl jedes nicht größer als 30 Quadratmeter ist. Wer kann sich das in Liberia schon leisten? Die meisten Menschen sind arbeitslos, viele Jugendliche lungern schon früh am Morgen am Straßenrand herum oder sitzen in der Bar. Die Frauen schrubben vor ihren Häusern die Wäsche, meist mit einem Baby auf dem Rücken oder Kleinkind auf dem Boden sitzend. So werden die Menschen hier wohl noch lange in ihren Wellblechhütten wohnen bleiben müssen.

Unsere erste Station ist die People`s Community Clinic. Hier sind wir nicht zum ersten Mal. An der Tür werden wir mit einem Fieberthermometer empfangen. Wo ist der Schutzanzug, wo sind die Handschuhe? Wir weisen die Mitarbeiter darauf hin, wie wichtig die Ausrüstung zu ihrer eigenen Sicherheit ist, erklären die Hygienemaßnahmen und lassen eine Kurzfassung des Gesagten schriftlich im Haus. Wir versprechen ihnen, wiederzukommen und zwar unangekündigt.

Weiter gehts zur Slemp Medical Clinic. Hier sind wir zum ersten Mal und erklären alles besonders ausführlich. Angefangen beim Herstellen der Chlorbleiche, Triage* vor dem Haus, Handschuhwechsel nach jedem Patienten, und so weiter.

Während unserer Besprechung bringt eine Mutter ihre zwei Monate alte Tochter Victoria zur Vorsorgeuntersuchung. Eine Schwester erledigt alles – Gespräch mit der Mutter, Blick in das Vorsorgeheft, Wiegen und Impfen. Zum Schluss verabreicht sie dem Baby zwei Tropfen Polio-Impfstoff in den Mund, alles gleich auf der Veranda. Die Frage Ebola-Kontakt vermisse ich. Die Schwester trägt Handschuhe, einen Schutzanzug gibt es bis jetzt nicht.

Immerhin hat die Einrichtung ein digitales Fieberthermometer. Wir zeigen den Mitarbeitern, wie sie richtig Temperatur messen: hinter dem Patienten stehen, ihn auffordern, den rechten Arm zu heben, Thermometer darunter klemmen, Thermometer raus ziehen und ablesen, dann desinfizieren und zwar mit 0,5 Prozent Chlorbleiche, denn Thermometerhüllen gibt es hier nicht.

Nach dem Überreichen der Hilfsgüter folgt im praktischen Teil, wie ein Schutzanzug richtig an- und ausgezogen wird. Alle sind interessiert bei der Sache und dankbar für jeden Rat. Wir werden in den nächsten drei Monaten sicher noch einige Male wieder kommen.

Zum Schluss suchen wir die Kissi Bendu Clinic auf. Diese befindet sich in einer sehr schmalen Straße und hat nur einen Eingang. Auch hier ist unser Team im September schon gewesen. Von den drei anwesenden Mitarbeitern tragen immerhin zwei geschlossene Schuhe und einer immer noch Flip-Flop. Die Schutzanzüge sind ausgegangen, Handschuhe rar. Zum letzten Mal an diesem Tag gehen wir unseren Fragenkatalog durch, erklären die Vorschriften und üben im Anschluss mit den neu mitgebrachten Hilfsgütern.

Auf unserem Rückweg ins Büro drängen wir uns durch dichten Verkehr und durch reges Markttreiben. Eigentlich war es ein Tag wie jeder andere und doch sind alle Einrichtungen und insbesondere die Mitarbeiter verschieden. Ich bin schon gespannt, wie es in der nächsten Woche weitergehen wird.

* Triage: Sichtung und Einteilung von Patienten.

Liebe Förderinnen und Förderer, bitte unterstützen Sie uns von humedica auch weiterhin mit wertvollen Spenden, damit wir den Menschen in Liberia in dieser schweren Zeit nach wie vor beistehen können. Vielen Dank!

humedica e. V.
Stichwort "Ebolahilfe"
IBAN DE35 7345 0000 0000 0047 47
BIC BYLADEM1KFB
Sparkasse Kaufbeuren

Die Hilfe von humedica in Liberia wird unterstützt vom Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland, action medeor e. V., BILD hilft e. V. „Ein Herz für Kinder“, Medical Teams International (MTI), Flughafen München. Herzlichen Dank allen institutionellen und privaten Förderern.