Direkt zum Inhalt

Im äußersten Norden Sri Lankas, wo die Folgen des jahrzehntelangen Bürgerkriegs und des Tsunamis vom Dezember 2004 bis heute spürbar sind, betreibt humedica drei Learning Center für unterstützungsbedürftige Schülerinnen und Schüler. Der gezielte Nachhilfeunterricht erhöht ihre Chancen auf einen guten Abschluss und ermöglicht ihnen eine Stelle auf dem lokalen Arbeitsmarkt oder sogar einen der knapp bemessenen Universitätsplätze. humedica-Mitarbeiterin Lina Koch hat die unterstützten Schulen besucht und erlebt, wie sinnvolle Hilfe im ärmsten Eck des Landes funktionieren kann.

„Das humedica-Ambulanzboot auf dem Weg auf die viertausend Einwohner kleine Insel Delft dient eigentlich dem Transport von Patienten auf das eine Dreiviertelstunde entfernte Festland. Heute machen der Kapitän und seine beiden Helfer jedoch eine Ausnahme und befördern meinen Kollegen Johannes und mich über das grünblaue Meer zu der flachen Insel. Zwei von drei Schulen, in denen humedica seit einigen Wochen seine Learning Center durchführt, befinden sich dort. Über 50 Schülerinnen und Schüler der Klassen acht bis zehn erhalten auf diesem Weg täglich gezielten Nachhilfeunterricht.

Bereits jetzt, um sieben Uhr morgens, sind die Temperaturen für mein Empfinden drückend heiß und selbst der warme Fahrtwind sorgt kaum für Abkühlung. Während wir die Überfahrt mit einem landestypischen Frühstück in Form von kleinen gerösteten Reisbällchen namens Aggala überbrücken, nutzen die Bootshelfer die Zeit auf dem Wasser um eine Angelschnur auszulegen.

Wirklich Hungern muss hier seit Ende des Bürgerkriegs zwar niemand mehr, aber Mangelernährung und knappe Vorräte sind noch immer ein Problem und ich kann mir vorstellen, dass ein frisch gefangener Fisch unter diesen Umständen eine willkommene Ergänzung zu Reis und Curry ist. Heute will jedoch nichts anbeißen und so holen die beiden die Schnur kurz vor der Insel mit geübten Händen wieder ein.

Als wir endlich das Ufer erreichen, erwartet uns bereits ein Fahrer in einem alten Geländewagen, der unseren Sri Lankischen Kollegen Thillaiampalam und uns zu den von humedica unterstützten Schulen bringt. Auf dem kurzen Weg dorthin zeigen sich neben kleinen Hindutempeln und Kirchen auch immer wieder Gebäude am Straßenrand, die wohl zu den Relikten der britischen Kolonialzeit gehören müssen und obwohl die Insel sich und ihre satte Natur in leuchtenden Farben präsentiert, kann sie ihre Armut mit ihren heruntergekommenen Unterkünften nicht verbergen.

Wir erreichen die erste Schule, das Gymnasium Delft Maha Vidyalayam in dessen offenen Klassenzimmern mehrere hundert Mädchen und Jungen gerade ihre Zwischenprüfungen absolvieren und angestrengt auf die vor ihnen liegenden Aufgaben blicken. Ein gutes Abschneiden ist wichtig, denn nicht einmal 20 Prozent der Abiturienten haben später die Möglichkeit eine Universität zu besuchen.

Der Rektor begrüßt uns freundlich und stellt uns den verantwortlichen Lehrern der Learning Center vor. Jeden Nachmittag wiederholen sie mit den schwächeren Schülern die aktuellen Inhalte der Fächer Englisch und Naturwissenschaften und schaffen so einen greifbaren Mehrwert zum Unterricht am Vormittag, dessen Lerneffekt sich für mich bei Klassengrößen von bis zu 80 Kindern als ohnehin fragwürdig gestaltet.

Die Lehrer sind hochmotiviert und zeigen uns gleich ihre Listen, in denen sie die täglichen Anwesenheiten der Kinder vermerken. Die vielen Häkchen belegen, dass die von humedica entwickelte und finanzierte Hilfsmaßnahme Früchte trägt und ein Großteil der Schüler das Learning Center jeden Tag besucht. Zufrieden mit dem sichtbaren Effekt machen wir uns über bucklige Straßen, an die ich mich seit meiner Ankunft in Sri Lanka schon beinahe gewöhnt habe, auf den Weg zur nächsten unterstützten Schule. Die Rektorin des Delft R.C. Ladies College ist eine kleine, resolut wirkende Schwester, die uns neben Saft und Keksen ebenfalls gleich die Bücher vorlegt, die den Verlauf der Learning Center dokumentieren.

Trotz der sichtbaren Armut und den simplen Bedingungen, untern denen die Lehrer das Mammutprojekt Schule stemmen, ist auch hier die Dokumentation unserer Unterstützung fehlerlos und müsste meiner Vermutung nach selbst ein deutsches Buchhalterherz zufrieden stellen. Während wir die Listen überfliegen, spüre ich wie zahllose neugierige Augenpaare aus dem benachbarten Klassenzimmer auf uns ruhen und so beenden wir unseren Besuch nicht, ohne uns den Schülerinnen kurz vorzustellen und ihnen den Grund für unser Kommen zu erklären.

Noch vor dem Mittag brechen wir auf und machen uns über die ruhige See auf den Weg zurück auf die Halbinsel Jaffna, um uns das dritte im Norden angesiedelte Learning Center von humedica anzusehen. Als wir das großzügige Gelände im Städtchen Manipay erreichen, auf dem auch das lokale Büro und ein Kindergarten von humedica angesiedelt sind, treffen wir auf ausgelassene Jugendliche, die sich ihre Lernpause mit einer Partie Badminton vertreiben. Hier in Manipay werden sogar 80 Mädchen und Jungen aus sozial schwachen Familien gefördert und dementsprechend hoch schlägt mir auch der Lärmpegel entgegen.

Um nicht im Weg zu stehen, mischen sich mein Kollege Johannes und ich unter die Kinder und starten eine Runde Seilspringen, die sofort jede Menge Mitspieler findet. Die Stimmung ist ausgelassen und die Lehrer erzählen uns, wie engagiert die Kinder am täglichen Nachhilfeunterricht teilnehmen, um ihre schulischen Leistungen zu verbessern.

Als wir uns am Abend in den Zug Richtung Colombo setzen, habe ich ein gutes Gefühl. Unser Ziel, den unterstützten Kindern durch die Learning Center bessere Zukunftsperspektiven zu schaffen, ist erfolgsversprechend und ich erlaube mir die Hoffnung, dass wir durch unsere Hilfe sogar einen kleinen Teil dazu beitragen können, um der hohen Jugendarbeitslosigkeit in Sri Lanka wirksam entgegenzutreten.“