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Vor wenigen Tagen war die Leiterin des Krankenhauses, Gladys Thomas, zu Besuch in der humedica-Zentrale in Kaufbeuren. Seit den dramatischen Minuten des Januars 2010, in denen die Erde bebte und die Leben zahlreicher Menschen zerstörte, arbeitet humedica Seite an Seite mit ihrem „Krankenhaus der Hoffnung“ in Haitis Hauptstadt Port-au-Prince.

Seit Herbst vergangenen Jahres wütet die Cholera. Wie ist Deiner Einschätzung nach die momentane Situation?

Haitis Hauptstadt Port-au-Prince ist immer noch gekennzeichnet von den Zerstörungen. Man sieht vielerorts Trümmer, viele Menschen leben in Zelten und haben unzureichende Sanitäranlagen, was alles der weiteren Ausbreitung der Cholera zuspielt.

Statistiken, die ich lese und was ich sonst an Zahlen mitbekomme, sterben täglich bis zu 15 Personen allein in Port-au-Prince. Und das an einer Krankheit, die heilbar ist und bei schneller und richtiger Behandlung nicht zum Tod führen muss.

Ein bedeutender Teil bei der Bekämpfung von Cholera stellt daher auch die Aufklärung dar, wie die Gefahr einer Ansteckung verringert werden kann und was bei Anzeichen getan werden muss. Für die Menschen in Haiti gleicht das Leben seit dem Erdbeben einem Kampf, und ich fürchte, dass noch mehr Menschen sterben werden.

humedica betreibt im Auftrag des Gesundheitsministeriums im Nordwesten Haitis ein staatlich anerkanntes Cholerabehandlungszentrum, das dem Krankenhaus von Drouin angegliedert ist. Auch im "Hospital der Hoffnung“ haben wir Zelte zur Behandlung der an dem Darmbakterium erkrankten Personen aufgestellt, wo jeden Tag mindestens zehn Patienten behandelt werden müssen.

Den meisten der Patienten können wir selber mit Flüssigkeit, entweder oral oder intravenös, helfen. Andere wiederum überweisen wir an ein speziell für die Cholerabehandlung ausgelegtes Cholerabehandlungszentrum. Aber zehn bis 15 Patienten allein im „Hôpital Espoir“ an einem Tag lassen nichts Gutes ahnen.

Welche Rolle spielt die bevorstehende Hurrikansaison?

Wir hatten bereits tropische Regenstürme und es regnete ununterbrochen, was zu Überschwemmungen führte. Die Menschen in den Zelten lebten nun unter noch schlechteren Bedingungen, durch die schwierigen Lebensverhältnisse bereits krank oder geschwächt, hatten wir so auch wieder einen Anstieg der Cholerapatienten zu verzeichnen - und auch mehr Todesfälle.

Die Überflutungen und das Verbreiten von verseuchtem Flusswasser oder das Weitertragen von Fäkalien, welche die Cholerabakterien in sich tragen, verschärfen die Situation maßgeblich.

Und auch die vielen Menschen in den Zelten werden eine harte Zeit vor sich haben, denn ich glaube nicht, dass bis zu dem ersten Hurrikan die Zeltstädte wirklich aufgelöst sein werden können, da die Menschen nichts anderes zum Unterkommen haben. Was mit ihnen geschehen soll, weiß ich nicht. Wir bereiten uns bestmöglich vor, was aber tatsächlich passieren wird, liegt außerhalb unserer Kräfte.

Mit unseren Ressourcen möchten wir jeden unterstützen, der Hilfe braucht. Wen wir im Krankenhaus aufnehmen können, dem werden wir Unterschlupf bieten. Wer medizinische Hilfe benötigt, wird bei uns behandelt werden. Und wir haben die Hoffnung, dass uns die Wirbelstürme so wie vergangenes Jahr weitestgehend verschonen. Aber der Ausblick ist leider nicht der Beste.

Was sind Deine Hoffnungen für Haiti?

Ich bin von Natur aus ein optimistischer Mensch. Und alles Schlechte, was gestern war, liegt zurück. Heute ist Heute und das Morgen wird noch besser werden.

In derselben Weise blicke ich in die Zukunft und bin mir sicher, dass die Zukunft Gutes bringen wird. Die Menschen in Haiti haben bereits so viel Leid ertragen in der Vergangenheit, in der Zukunft hoffe ich auf Besseres. Und bereits einer Person geholfen zu haben, bedeutet ein Leben mehr verändert zu haben. Und macht das Heute besser.

Liebe Gladys, vielen Dank für die Zeit, die du Dir genommen hast, für die großartige Arbeit in Haiti die du sowohl vor dem Erdbeben geleistet hast, als auch danach und alles Gute sowie Gottes Segen für Deinen weiteren Weg.