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Danzig, 14. Juni 2012, knapp vor 22.30 Uhr. Spanien und Irland stehen sich im Gruppenspiel der Europameisterschaft gegenüber. Es ist die 88. Spielminute und Spanien führt überlegen und verdient mit 4:0. Doch wie man die irischen Anhänger kennt, hindert sie das deutliche Ergebnis zu ihren Ungunsten nicht daran, ihre Helden zu feiern. Und auch nicht daran, zu singen. Sie singen minutenlang, die Spieler sind längst in den Kabinen verschwunden. Immer wieder ertönt in voller Lautstärke der Refrain „Low lie the Fields of Athenry“.

Dieses Lied ist die inoffizielle Hymne der Iren und wird an allen wichtigen nationalen Ereignissen gesungen. Sie verbindet die Iren mit der Geschichte ihres Volkes und erinnert an eine der schlimmsten Epochen der grünen Insel.

„The Fields of Athenry“ erzählt von der Abschiebung eines Iren, der während „An Gorta Mor“, der großen irischen Hungersnot zwischen 1845 und 1849, wegen Nahrungsmitteldiebstahls gezwungen wurde, das Land zu verlassen.

Ob freiwillig emigriert oder gezwungenermaßen abgeschoben, die große Flucht und die dadurch entstandene irische Diaspora gehört weiterhin zur Identität des Landes: Wer einmal Flüchtling war, wird diesen unwirklichen, schrecklichen Zustand immer als Teil seiner Identität, seiner Geschichte betrachten.

In eine ungewisse Zukunft blicken, auf Hilfe angewiesen sein, mit unterschiedlichen, existenziellen Gefahren konfrontiert sein, ein neues Zuhause in einer fremden Umgebung aufbauen: eine Flucht prägt Menschen und deren Nachkommen nachhaltig, vielleicht für immer.

Flüchtlinge sind in aller Regel in größter Not und unzertrennlicher Teil einer Katastrophe, die mit schwersten Konsequenzen und schlimmsten Leid verbunden ist. Ob über eine Landesgrenze oder im eigenen Land, ob wegen Konflikten, Hunger oder Armut, die Gründe für eine Flucht spielen eine untergeordnete Rolle, der Verlust der Heimat ist für Jedermann eine unterschätzte Verletzung der eigenen Seele, wie die französische Philosophin Simone Weil einst schrieb: „Verwurzelt zu sein ist das wichtigste, aber auch vernachlässigte Bedürfnis der menschlichen Seele.“

Am 20. Juni 2012, zwei Tage nachdem Irland sein letztes Spiel dieser Europameisterschaft bestreitet, ist Weltflüchtlingstag. An diesem Tag geht es um ein Gedenken an eine unfassbar hohe Zahl an Betroffenen. 2011 waren nach Angaben der UN-Flüchtlingsbehörde 42,5 Millionen Menschen auf der Flucht. Auch so genannte Hungerflüchtlinge sind heute noch so präsent wie bei „An Gorta Mor“, den Schreckensjahren in Irland.

In der Region Dolo Ado, an der äthiopisch-somalischen Grenze, wird in Kürze das sechste Flüchtlingslager geöffnet. Es wird erwartet, dass in wenigen Wochen alle anderen ihre Kapazitätsgrenzen erreicht haben werden. Die Anzahl der Flüchtlinge in dieser Region ist seit Kurzem auf mehr als 150.000 Menschen angestiegen, jede Woche kommen bis zu 1000 weitere dazu. Sie alle flüchteten vor Hunger und Gewalt, nicht selten vor dem sicheren Tod.

Ein Ende dieser Entwicklung ist weltweit nicht in Sicht. Im Gegenteil: die bis dato letzte Regenzeit war wieder viel zu dürftig, die blutigen Kämpfe in Somalia dauern zudem an.

Zum Weltflüchtlingstag hat das humedica-Team in Melkadida, eines der Flüchtlingslager in der Region Dolo, verschiedene Aktivitäten geplant, die vom Alltag der medizinischen Hilfe abweicht. Flüchtlingen und Helfern soll bewusst werden, dass die Welt sie nicht vergessen hat. An einem verlassenen und elenden Platz wie diesem ist das ein Minimum an Empathie, das möglich ist.

Am heutigen Tag danke ich allen Flüchtlingen für ihre Geduld, ihren Lebenswillen und auch für die Dankbarkeit, die sie unseren engagierten Helfern ihrerseits entgegen bringen. Gleichzeitig möchte ich insbesondere unserem Team in Äthiopien für ihren unermüdlichen Einsatz unter schwierigsten Bedingungen danken. Ihr alle seid nicht vergessen!

Wir möchten Menschen in Not auch weiterhin unterstützen, vor allem auch Vertriebenen, Flüchtlingen, Menschen, die ihre Heimat verloren haben! Bitte unterstützen Sie unsere Katastrophenhilfe mit einer gezielten Spende. Vielen herzlichen Dank!

humedica e. V.
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