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humedica unterstützt psychologische Hilfe für Frauen in libanesischen Flüchtlingslagern

Dschamila* ist verzweifelt, sie weiß nicht, wie es weiter gehen soll. Ihr Mann schlägt sie. Zur Wehr setzen kann sie sich nicht - denn in vielen Familien in Syrien müssen die Frauen ihren Männern bedingungslos gehorchen Zur Wehr setzen kann sie sich nicht, denn Dschamila kommt aus Syrien. Was passiert mit ihr, wenn sie es wagt, ihren Mann zu verlassen? Und noch viel schlimmer: Was passiert dann mit den Kindern?

humedica/Hartmut Schotte

Ihr Mann ist wütend. Seit vielen Jahren lebt die Familie in einem informellen Flüchtlingscamp im Libanon. Gemeinsam ist die Familie vor dem Bürgerkrieg in der Heimat in die Bekaa-Ebene geflohen und ist hier gestrandet. Zurück in die Heimat kann die Familie nicht – weiterreisen aber auch nicht – dafür fehlt das Geld. Und deshalb lebt sie jetzt hier - in der provisorischen Zeltsiedlung – auf engstem Raum zwischen Wellblech und Zeltplanen, die die Hilfsorganisationen jedes Jahr verteilen. Manchmal regnet es rein. Im Sommer ist es sandig und heiß – im Winter kalt und matschig. Das Geld war schon immer knapp. Seit der Libanon aber von der schlimmsten Wirtschaftskrise seiner Geschichte betroffen ist, ist Dschamila froh, wenn die Familie genügend zu essen hat. Ihren Mann macht vor allem wütend, dass er nicht für seine Familie sorgen kann. Seine Aggression und seine Hilfslosigkeit bekommt Dschamila immer wieder mit Gewalt zu spüren.

„Flüchtlingsfamilien sind so sehr damit beschäftigt, ihre Grundbedürfnisse wie Lebensmittel, Unterkunft oder auch Heizmaterial für den Winter zu decken, dass sie alles andere vernachlässigen“, erzählt Fares Kabboura, Leiter des humedica-Länderbüros im Libanon. Er kennt die Situation der Menschen in den vielen informellen Zeltsiedlungen ganz genau und weiß: „Die eigene Bildung und auch die Gesundheit stellen viele Flüchtlinge hinten an. Vor allem psychisch staut sich da einiges an, was raus muss.“

Fares Kaboura von humedica Libanon

humedica/Hartmut Schotte

Mit dem Klinikbus fährt humedica regelmäßig die Zeltsiedlungen im Bekaa-Tal an. Das Team schaut nach dem Rechten und kümmert sich um die gesundheitliche Versorgung der Menschen, die hier leben. Mit an Bord des Busses ist meist auch eine Psychologin. „Wir wollten den Menschen in den Flüchtlingscamps den Zugang zu psychosozialer Hilfe erleichtern“, erklärt Fares Kabboura. „Diese wird in der Regel in den Gesundheitszentren angeboten. Dort kommen die Menschen aus den Camps aber oft nicht hin. Deshalb kommen wir jetzt in die Camps.“

Meist nehmen Frauen die Therapiestunden in Anspruch. Es gibt Gruppentherapien, aber auch Einzelstunden. „Anfangs war es schwierig, einen geschützten Ort für die sehr sensiblen Gespräche zu finden“, berichtet Fares Kabboura. „Mittlerweile stellen uns allerdings einige Familien dafür ihr Zimmer zur Verfügung – manchmal für einen ganzen Tag. Das ist sehr wertvoll.“

humedica/Hartmut Schotte

Acht bis zwölf Mal sprechen die Frauen über ihre Probleme. Auch Dschamila kam oft her. Ihr geht es jetzt besser. Sie fand durch die Stunden Kraft und Mut, mit ihrem Mann zu reden. Jetzt kommen beide wieder besser miteinander klar – Dass sie ihre Gefühle in Worte fassen kann, hat auch Änderungen in ihrem Mann bewirkt. Gemeinsam versuchen sie, gewaltfreie Lösungen zu finden.

 

*Name geändert