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Die Zahlen auf der Richterskala lesen sich aus der Entfernung nüchtern: Das erste Beben Ende April erreichte 7.9, zweieinhalb Wochen später wurden immerhin noch 7.3 erreicht. Es gibt Amateuraufnahmen, die erahnen lassen, welche Kraft beiden Erdstößen innewohnte.

Im Grunde aber sind sie nicht mehr als ein Indiz. Indiz für großes menschliches Leid und immense Zerstörungen. Zerstört wurden nicht nur Gebäude, auch Träume, Zukunftspläne, Ideen und Reformen in einem Land, das ohnehin zu den zwanzig Ärmsten auf unserer Erde zählt. Internationale Hilfe wird nun insbesondere beim Wiederaufbau benötigt werden. Wie so oft birgt die individuelle und kollektive Katastrophe auch die Chance zu einem Neuanfang.

Die Beben und die Psyche

Katastrophe wiederholt sich

Für Geologen und fachlich verwandte andere Experten war diese Katastrophe eine Frage der Zeit: Seit Jahren warnen sie vor Erdbebenszenarien in mehr oder weniger unvorbereiteten, aber gleichzeitig bevölkerungsreichen Metropolen, etwa Istanbul und Kathmandu. Nepal hat es getroffen, leider gleich zwei Mal.

Die latenten Aktivitäten zweier Kontinentalplatten machen Nepal zu einem Hochrisikogebiet für starke Beben, die indoaustralische Platte schiebt sich mit großem Druck in die eurasische Platte. Wird dieser Druck zu groß, entlädt er sich innerhalb kürzester Zeit in einem Erdbeben; mit weiteren Szenarien ist in den kommenden Jahren zwingend zu rechnen.

Kaum thematisiert, für die Betroffenen aber von großer Tragik, sind die Folgen großer Erdbeben. Es folgen hunderte Nachbeben von unterschiedlicher Intensität. Die Menschen erleben immer wieder aufs Neue die katastrophalen Ereignisse jenes Moments: Den Verlust lieber Menschen, die Zerstörungen der Heimat, des eigenen Hauses, des persönlichen Lebensplans, eigene Verletzungen, Angst, Hoffnungslosigkeit.

Entsprechend erschütternd sind die verzweifelten Schreie bei jedem einzelnen Nachbeben, die Panik, die Flucht auf die Straßen, die oft nicht mehr sind als enge, von hohen Gebäuden gesäumte Gassen. "Es war furchtbar: Die Schreie, die Angst, die panisch fliehenden Menschen", erzählt humedica-Koordinatorin Maren Wiese, die das zweite starke Beben vom 12. Mai unmittelbar auf den Straßen Kathmandus erlebte. "Neben mir sind Gebäude eingestürzt, alle sind gerannt."

Für die Betroffenen und auch für die Helfer am Ort ist der Blick zurück eminent wichtig, um das Erlebte aufzuarbeiten und schließlich auch bewältigen zu können. Gleichzeitig braucht Nepal schnellen, unbürokratischen und vor allem nachhaltigen, sprich: Erdbeben sicheren Wiederaufbau. humedica wird sich diesen Herausforderungen stellen und sich konkret engagieren.

Nach der Katastrophenhilfe…

… ist vor dem Wiederaufbau

Als von den Koordinierungsstellen offiziell registrierte Organisation, war humedica erneut sehr schnell im Erdbebengebiet aktiv. Die uns zugeteilte Region Jalbire, nordöstlich von Kathmandu gelegen, wurde von zwei Einsatzteams medizinisch betreut. Die Zerstörungen in diesen entlegeneren Regionen sind weitaus schlimmer als in der Hauptstadt. Es gibt Quellen, die einen Zerstörungsgrad von 90 Prozent angeben.

Wir sind Gott dankbar, dass sich die Zahl der Verletzten angesichts dieser Umstände in Grenzen hielt. Unsere beiden ersten Teams übernahmen, ausgehend von der Basis Kathmandu, nicht nur eine Gesundheitsstation in der zugeteilten Region, sondern organisierten auch mobile Einsätze in diesen Gebieten. Dabei fiel den humedica-Helfern eines immer wieder auf: Die Menschen sind stark und mutig und bereit, den langen, sicherlich beschwerlichen Weg des Wiederaufbaus aktiv mitzugestalten.

Bei Zerstörungen von bis zu 90 Prozent kann es in den kommenden Monaten nur um Wiederaufbau gehen. humedica wird diese Aufgabe mit dem lokalen Partnern angehen. "Wir haben vom ersten Einsatztag an hervorragende Unterstützung erhalten und bauen auch in Sachen Wiederaufbau auf die Zusammenarbeit mit erfahrenen, seit Jahren in Nepal aktiven Organisationen", erklärt Raphael Marcus, Leiter der Not- und Katastrophenhilfe bei humedica. Parallel arbeitet das Team in Nepal und Deutschland am Aufbau eines temporären Patenschaftsprogramms.

Vielen Dank!

Fördern und fordern

Wir berichten heute intensiv aus Nepal, um einerseits unsere Dankbarkeit zu übermitteln für die freundliche und schnelle Unterstützung unseres Katastropheneinsatzes in Nepal. Wir betrachten die vielen unterschiedlichen Formen der Hilfe als Mandat, den Opfern dieser verheerenden Beben auch in den kommenden Monaten zur Seite zu stehen.

Die Herausforderungen in Nepal sind vielfältig und mitunter so groß, wie das naheliegende Himalaja-Gebirge. Daher nutzen wir den gleichen Atemzug, in dem wir unsere Dankbarkeit für alle geleistete Unterstützung zum Ausdruck bringen, um Sie, liebe Leser, Freunde und Förderer, um Ihren Beistand für die vor uns liegende Zeit zu erbitten.

Vielleicht haben Sie die Möglichkeit unseren Einsatz mit einer konkreten Spende zu unterstützen? Möglicherweise organisieren Sie eine Informationsveranstaltung, ein Benefizkonzert oder ein anderes Event? Sie beten für unseren Einsatz? Jede Form des Beistands ist wichtig und Teil des Aufbruchs, des Neuanfangs. Danke!