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Unser Leben bietet doch so manchen, scheinbar unauflöslichen Widerspruch. Einerseits eine zunehmend egozentrische Gesellschaft, in der Menschenbild, Werbung und viele andere Einflussfaktoren die Eigenverwirklichung, die Eigenvermarktung anpreisen: Wir müssen an uns denken, uns vertrauen, unsere Mitte finden, unsere Stärken mobilisieren.

Bei aller Konzentration auf uns als Individuen steigt die Zahl der Vergessenen und Abgehängten. Das Kollektiv an Egoisten vergisst so manchen, der aus unterschiedlichen Gründen einfach nicht mehr Schritt halten kann, keine Leistung mehr bringt oder eben schlicht keine Kraft mehr hat. Sind wir im Jahr 2017 etwa mit einer Art Kulturkampf konfrontiert? Müssen wir uns tatsächlich für ein Leben im Kollektiv oderals Individuum entscheiden? Geht nur gemeinsam oder allein?

Dieser kleine Artikel mag diese Frage nicht zu beantworten oder unsere gesellschaftlichen Herausforderungen mit einer brillanten Idee aufzulösen. Sehr wohl aber liefert unser Alltag in der Katastrophenhilfe an vielen Orten unserer Erde Indizien: Es ist nicht die Frage, ob Individuum oder Gemeinschaft! Es braucht keine Entscheidung, natürlich funktioniert beides. Die Gruppe ist immer auch die Summe Einzelner.

Möglichst vielen Menschen in Not helfen, dabei den Einzelnen nicht aus dem Blick verlieren. Diesem Spagat stellen wir uns seit Jahren und es ist gelungen, aus der Idee, eben auch Einzelne zu unterstützen, ein sehr beeindruckendes Programm zu entwickeln.

Im Rahmen unserer weltweiten Einsätze stoßen die humedica-Teams immer wieder auf Menschen, die oft in wenigen Sekunden nicht nur ihre komplette Existenz verloren haben, sondern plötzlich auch mit einer gravierenden Verletzung oder Erkrankung konfrontiert sind. Ohne die Chance einer medizinischen Behandlung und leider sehr häufig auch mit der Aussicht, nicht mehr für den eigenen Lebensunterhalt oder gar den einer Familie sorgen zu können. An dieser Stelle greift unser Programm für Einzelfallhilfen, aus dessen Alltag wir Ihnen zwei Fälle vorstellen.

Haiti: Selten, aber leider Realität

Wann kommt Normalität

Wir schreiben den Herbst 2016. Über Haiti ist mit Hurrikan "Matthew" erneut ein schwerer Wirbelsturm über die Insel gezogen, der eine Schneise der Verwüstung hinterlassen hat. Wieder sind humedica-Teams schnell im Einsatz, stehen den Betroffenen zur Seite und starten mit Hilfe des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland Hilfsprogramme.

Inmitten dieses Einsatzalltags treffen unsere Ärzte auf Sonickson Francois und sind ob dessen medizinischen Schicksals sehr betroffen. Der Siebenjährige leidet, laienhaft beschrieben, an einem komplexen anatomischen Defekt am Unterleib. Diese Diagnose und alle daraus resultierenden Einschränkungen sind die negative Nachricht, die positive: Eine operative Wiederherstellung von Anatomie und Funktionalität der betroffenen Organe und Körperbereiche ist möglich. Ein klassischer Fall für unser Programm.

Auch wenn erste Pläne, Sonickson Francois* direkt in einem haitianischen Krankenhaus von einem erfahrenden Urologen operieren zu lassen, nicht umgesetzt werden können, befindet sich der Junge in unserer medizinischen Obhut. Bereits in wenigen Wochen wird er amerikanischen Spezialisten vorgestellt werden, die Haiti besuchen. Sonickson Francois* hat eine klare Perspektive und Aussicht auf Heilung.

Libanon: Wer Augen hat…

Rettung aus Katastrophen

"Ein Unglück kommt selten allein", weiß der deutsche Volksmund und die vierzehnjährige Shorouk Souhan Alloush könnte ein Lied mit vielen Strophen darüber singen. Leider. Auf der Flucht vor einem unfassbar brutalen, blutigen Bürgerkrieg musste das Mädchen mit ihrer Familie aus dem syrischen Homs in den benachbarten Libanon fliehen. Ein Leben in einer inoffiziellen Siedlung unter unvorstellbaren Bedingungen wird zu ihrem Alltag.

Inmitten dieser Katastrophe folgt für Shorouk die nächste Hiobsbotschaft: Wohl aufgrund einer verschleppten Infektion verschlechtert sich ihre Sehfähigkeit auf beiden Augen, eine Operation wird unumgänglich, um das Augenlicht des Mädchens zu erhalten. Sie wird in das humedica-Einzelfallhilfeprogramm aufgenommen.

Zwei folgende Operationen bedeuten einen Wendepunkt im Leben von Shorouk. Eine Hornhauttransplantation am rechten Auge verläuft perfekt, der Eingriff am linken Auge ohne Transplantation bringt leider nicht das gleiche Ergebnis, eine weitere Operation wird zurzeit diskutiert. In Summe aber wird Shorouk ein normales Leben führen können, ein Leben mit sehenden Augen. Welch ein Segen!

Kleine Schritte, große Wirkung

Viele helfen Einem

Shorouk und Sanickson stehen für stellvertretend für andere Fälle, in denen kleine Schritte eine oftmals große Wirkung entfalten, eine für den Einzelnen lebensveränderte Wirkung. Kleine Schritte im Sinne einfacher Eingriffe, normal in hochentwickelten westlichen Ländern, medizinisch nicht möglich, nicht zu bezahlen oder einfach nicht bekannt in Dritt- und Viertweltländern. Und natürlich verändert diese gezielte Hilfe für den Einzelnen auch das Leben seiner Familie als des danach nächsten Kollektivs.

"Ich finde es sehr beeindruckend und motivierend zugleich, welche Möglichkeiten wir doch haben, um mit Hilfe dieses Programms auch schwierige Fälle zu lösen."

Andrea Trautmann, verantwortliche humedica-Sachbearbeiterin

Wir stehen jetzt am Beginn eines neuen Jahres und möchten Sie freundlich bitten, mit Ihrer großzügigen Spende unserem Programm für Einzelfallhilfen ein Budget zu geben. Die Kostendeckung für alle Hilfsmaßnahmen in den kommenden zwölf Monaten soll aus diesem Topf kommen. Lassen Sie uns gemeinsam mit besagten kleinen Schritten große Wirkungen erzielen, in möglichst vielen Einsätzen. Vielen herzlichen Dank.