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Zerstörung und Not soweit das Auge reicht: Die Lage auf dem südpazifischen Inselstaat Vanuatu ist nach dem katastrophalen Zyklon „Pam“ noch immer erschütternd. Die vielen, zum Teil weit auseinander gelegenen Inseln erschweren die Umsetzung schneller und umfassender Hilfe, Trinkwasser und Lebensmittel der Betroffenen werden immer knapper.

Als erstes medizinisches Team erreichten die humedica-Einsatzkräfte die stark zerstörte Insel Tanna im Süden Vanuatus, um dort Verletzte zu versorgen. In ihrem aktuellen Blog berichtet Medienkoordinatorin Margret Müller von den Umständen auf der Insel und zeichnet ein Bild vom Leben der Menschen nach der Katastrophe:

Blog: Eine Woche Hilfseinsatz – Ein Resümee

„Morgens liege ich wach und lasse die vergangene Woche an mir vorüberziehen. Ist es wirklich nur eine Woche? Sonntagmorgen um sieben kam die Nachricht der Katastrophe, schnell danach die Entscheidung, in den Hilfseinsatz zu fliegen. Am gleichen Abend sitze ich mit zwei weiteren Teammitgliedern am anderen Ende Deutschlands im Flieger, am nächsten Morgen treffen wir den Rest des Teams in Dubai, einen halben Tag später unseren lokalen Partner in Australien und nach weiteren vier Flugstunden erreichen wir unseren ersten Einsatzort im Norden des Landes Vanuatu.

Wir sind im wörtlichen Sinne einmal um die halbe Welt geflogen und finden uns von jetzt auf gleich in einer anderen Tempo- Hitze- und Wohlstandszone wieder. Nachdem wir unser Gepäck und unsere Hilfsgüter zu uns geholt haben, kaufen wir etwas Obst in aus Palmblättern geflochtenen Tragetaschen. Wasser und Nahrung gibt es in einem kleinen hölzernen Kiosk. Wir können uns die Preise gerade noch leisten, für die Bevölkerung müssen sie gigantisch sein.

Am kommenden Mittag erreichen wir nach drei weiteren Flugstunden unser nächstes Ziel, die Insel Tanna. Wie wir schnell merken, sind wir hier das einzige medizinische Team, das nun den einzigen lokalen Arzt bei der Versorgung von 30.000 Personen nach der Katastrophe unterstützt. Wir melden uns bei den Behörden, die ein Katastrophen-Koordinationszentrum eingerichtet haben und unglaublich auf Zack sind.

Unsere Registrierung als Helfer dauert nur wenige Minuten und gemeinsam mit dem australischen Militär und den Mitarbeitern des Krankenhauses können wir uns ein Bild von der Lage auf der Insel machen und uns einen groben Plan für die nächsten Tage erarbeiten.

Die Insel wirkt nicht nur aufgrund der langen Anreise und der unglaublichen Zerstörung von allem was einmal schön und wohnlich war, wie ein Ort am Ende der Welt. Asphaltierter Boden endet mit der Fluglandebahn, es gibt nur wenige feste Häuser, ein Internetcafé, drei oder vier Lebensmittelgeschäfte, sowie ein paar weitere kleine Läden. Ein kleiner Hafen dient als Verbindung zur Außenwelt, doch auch er ist zu klein, um richtige Fähren anlegen zu lassen.

Tanna war einmal ein kleines Aussteigerparadies mit endlosem Dschungel, Palmen, traumhaftem Wetter, einem aktiven Vulkan und dem Gefühl, der Zivilisation entronnen zu sein. Das alles ist kaum mehr vorstellbar. Eine braune traurige Wüste aus Ästen, Häuserresten und herumliegenden Palmen überzieht die Insel. Alles wurde niedergemäht. Es gibt keinen Strom, kein Wasser, keine Telekommunikation. Bis vor wenigen Tagen lebten die Menschen noch von der Landwirtschaft, doch ihrer Felder, Bäume und Häuser gibt es jetzt nicht mehr.

Manche Fragen wiederholen sich für mich in jedem meiner Hilfseinsätze: Wie fängt man wieder bei null an? Wie kommt man von Null auf Eins? Und warum trifft es gefühlt immer die Ärmsten der Ärmsten? Auch wenn mein Verstand einige plausible Antworten auf die Fragen parat hält, begreife ich sie nicht richtig.

Am kommenden Morgen beginnen wir wieder mit der Behandlung von Verletzten. Viele Menschen kommen mit gefährlich eitrigen Wunden und stark geschwollenen Körperteilen zu uns. Nach dieser verheerenden Katastrophe sind wir in diesem Moment die einzige medizinische Versorgung auf der Insel und ich bin dankbar, in dieser Notlage so effizient helfen zu können.

Nach zwei sehr vollen Tagen in der einzigen Klink der Insel, fahren wir in die Nähe des Vulkans. Ein Weg, den ich nie verletzt oder krank fahren möchte. Bereits in gesundem Zustand ist er ein Abenteuer. Als wir ankommen, werden wir schon erwartet. Junge und sehr alte Menschen sind über mehrere Berge gelaufen, um sich von uns behandeln zu lassen. Sie alle haben nicht mehr viel seit dem Sturm, gleichzeitig sind sie weit davon entfernt, Bittsteller zu werden.

Die Menschen, die wir kennenlernen, wirken unglaublich robust, eigenständig und als Gemeinschaft sehr stark. Unser Fahrer, der erst in Paris studierte, dann lange für die UN arbeitete und sich jetzt in Vanuatu um den Aufbau einer zuverlässigen Wasserversorgung kümmert, erklärt uns, warum er das schlichtes Leben in Vanuatu dem Leben im schicken Europa vorzieht: „Die Gemeinschaft hier ist einzigartig. Ich liebe dieses Land. Kein Mensch geht hier unter. In Vanuatu gibt es keine Obdachlosen. Wir achten aufeinander.“

Nach dem schweren Zyklon "Pam" sind die Menschen in Vanuatu weiterhin auf externe Hilfe angewiesen. Bitte unterstützen Sie uns bei der Umsetzung dieser Hilfe durch eine konkrete Spende. Vielen Dank!

humedica e. V.
Stichwort "Zyklonhilfe Vanuatu"
IBAN DE35 7345 0000 0000 0047 47
BIC BYLADEM1KFB
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