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Viele Schülerinnen und Schüler empfinden das Ende der Schulferien nicht selten als unerfreuliches Ereignis. Nicht so in Haiti, wo die Kinder mit dem Erdbeben im Jahr 2010 ihre Schulen zerstört sahen. Auch in Meyer, wo die Deutsche Anneliese Gutmann vor mehr als 20 Jahren eine Schule gründete, hatte die Naturkatastrophe zerstörerische Folgen. Eine tragische Geschichte - mit glücklichem Ende.

„Nach acht Jahren des Lebens und Wohnens in der Stadt Carrefour, zog ich im Jahr 1989 nach Meyer, einem Bergdorf südöstlich von Haitis Hauptstadt Port-au-Prince, um in einfachen Verhältnissen mit den Menschen dort zu leben.

Einziges Zugeständnis an die Neuzeit war damals eine Wasserleitung mit einem Durchmesser von einem Zentimeter. Ansonsten gab es keinen Strom und keine Straße, die dieser Bezeichnung würdig gewesen wäre. Lediglich eine Schule für über 5.000 Einwohner. So war es naheliegend, dass relativ schnell eine Anfrage bezüglich eines Schulausbaus auf mich zukam.

Die Schule sollte ein Projekt der Hilfe zur Selbsthilfe sein, weshalb ich von Anfang an Wert darauf legte, lokales Personal aus der Umgebung auszubilden und anzustellen. Durch die andauernde Verschlechterung der allgemeinen Lage ist es leider bis heute nicht möglich, diesen Erstgedanken gänzlich zu verwirklichen. Aber mit Spenden, auf die wir immer noch dringend angewiesen sind, machen wir Fortschritte

Nachdem die Platzkapazitäten in der Kirche, in der für vier Klassen Unterricht abgehalten wurde, ausgeschöpft waren, wurde die Errichtung eines weiteren Gebäudes zwingend notwendig. Der Anfang dazu konnte im Jahr 1991 gemacht werden. Aus Platzgründen wurde das neue Gebäude zweistöckig gebaut, zehn neue Klassenräume entstanden auf diese Weise.

Doch nach ein paar Jahren waren auch diese Kapazitäten ausgeschöpft und wir hatten zu wenige Unterrichtszimmer für unsere Mädchen und Jungen. Es wurde an- und aufgebaut und als wir alle Klassen bis zur Abiturstufe unterbringen konnten, waren wir am Ziel.

30 Jahre Arbeit - zerstört in 30 Sekunden

Doch dann kam der 12. Januar 2010 und in 30 Sekunden waren 30 Jahre Arbeit vernichtet. Meine Gefühle zu diesem Zeitpunkt lassen sich nicht beschreiben. Aufgeben? Weitermachen? Und wenn fortfahren mit meiner Arbeit: Wie nur?

Die Weichen zum Weitermachen wurden schließlich von humedica gestellt. Da die inzwischen entstandene Straße durch das Erdbeben unpassierbar war, kamen humedica-Mitarbeiter mit einem Hubschrauber, mit dem sie auch andere von der Außenwelt abgeschnittene Orte erreichten und Hilfe leisten konnten (Anmerkung: BILD hilft e. V. - „Ein Herz für Kinder e. V.“ finanzierte die Flugstunden von Heli Aviation).

Der erste Kontakt wurde gefestigt und gemeinsam planten und bauten wir: während die Schülerinnen und Schüler unter Mangobäumen, in dem beschädigten Kirchengebäude und Zelten unterrichtet wurden, entstand so langsam ein neuer Platz der Hoffnung und Geburtsort einer Zukunft für viele junge Menschen.

Nachdem zunächst der beschädigte Teil der Schule abgerissen und das eingestürzte Dach des Hauptgebäudes abgetragen worden war, konnten wir im Frühjahr 2011 mit dem Wiederaufbau, beziehungsweise mit dem Neubau beginnen.

Genau wie bei dem Unterricht in der Schule, legte ich auch bei dem Wiederaufbau großen Wert darauf, die Bewohner der Umgebung zu beschäftigen. Da buchstäblich Schlange um Arbeit gestanden wurde, erhielten die Arbeiter im wochenweisen Wechsel eine Beschäftigung. Es waren auch einige der älteren Schüler darunter, die sich somit das Schulgeld erarbeiteten.

Die Menschen hier leben von der Feldarbeit, die sich jedoch schon seit Jahren nicht mehr bezahlt macht. Immer wieder auftretende Naturkatastrophen verhindern im wahrsten Sinne des Wortes, dass die Arbeit Früchte tragen kann. Doch diese Hartnäckigkeit und das gewohnt harte Arbeiten der Haitianer stellten sich gleichfalls als Vorteil für unsere Bauarbeiten heraus.

Geburtsstätte für eine perspektivenreiche Zukunft

Mit gemeinsamer Kraft wurden von sieben Uhr in der Früh bis in den späten Nachmittag Mörtel gemischt, Steine geklopft, Zement geschleppt und Stein auf Stein die neuen Gebäude errichtet. Auch wenn es woanders nicht üblich ist, bekamen unsere Arbeiter jeden Tag ein Mittagessen.

Und jedem Einzelnen war bewusst, dass er von den Anstrengungen in der Zukunft persönlich profitieren wird. Denn wenn nicht der Arbeiter selber, so erhalten doch seine Kinder oder Enkel die Chance auf eine Schulausbildung. Das Einzige, was es in ihrer Situation zu vererben gibt.

Inzwischen sind die Bauarbeiten abgeschlossen und die Räumlichkeiten aufgeteilt: das neu erstellte, einstöckige Gebäude stellt die Grundschule. In zwei doppelstöckigen Gebäuden sind die dritte Fundamentalstufe sowie Sekundärklassen untergebracht. Das restaurierte Altgebäude wird nicht mehr für den Unterricht genutzt, sondern beherbergt Büros, Bibliothek und Leseraum, einen Computerraum, ein Krankenzimmer und Schlafräume für die Lehrer.

Der Kindergarten und eine Nähereischule vervollständigen unser Gelände und wir haben es geschafft, von den Jüngsten bis zur Abiturklasse für jedes Mädchen und jeden Jungen einen Platz zu schaffen. Für das angelaufene Schuljahr sind darüber hinaus eine professionelle Ausbildungseinrichtung zum Lehrer oder Kindergärtner, eine Bibelschule und nachmittägliche Englisch- und Informatikkurse geplant.

Mir bleibt nur noch, mich bei humedica für die Unterstützung und die gute Zusammenarbeit zu bedanken. Ohne diese Hilfe... Ich weiß nicht.“

An dieser Stelle danken wir Ihnen für Ihre treue Begleitung, liebe Freunde und Förderer, und der Stiftung stars4kids „Profifußballer helfen Kindern", die den Bau der Grundschule ermöglichten. Mit Ihrer Spende für die Menschen in Haiti können Sie auch weiterhin Zukunft errichten. Vielen Dank.

humedica e. V.
Stichwort „Erdbeben Haiti
Konto 47 47
BLZ 734 500 00
Sparkasse Kaufbeuren