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Seit Generationen schon lebten Familien am Flussufer des Indus´ in der südpakistanischen Stadt Sukkur. Entlang des Stroms waren mehr oder weniger stabil gebaute Häuser und Hütten entstanden, die zwar bei Ansteigen des Flusses von Überschwemmungen bedroht waren, aber zumindest außerhalb der Regenzeit einen Ort der Sicherheit boten. Bis vor wenigen Monaten zumindest.

Die Slums waren im Verlauf von Jahrzehnten zwischen der Stadtmauer und dem Flussufer gewachsen. Der Indus diente als Toilette, als Waschstelle für Geschirr und Kleidung, die Familien hatten sich ihre Hütten und Häuser notdürftig, aber wohnlich und zweckdienlich eingerichtet. Stadtzentrum und Markt, wo gearbeitet und eingekauft werden konnte, lagen in unmittelbarer Nähe.

Der lokale Partner von humedica, das Riverside Slum Children Project, hatte auf seinem nahe gelegenen Grundstück sowohl Unterricht für die Slumkinder angeboten, als auch dafür gesorgt, dass sie und ihre Familien medizinisch versorgt wurden und die kleinen Mädchen und Jungen ausreichend Mahlzeiten erhielten.

Das Leben der Slumbewohner verschlechterte sich zusätzlich, als sie von den Jahrhundertfluten im vergangenen Jahr getroffen wurden. Die hygienischen Bedingungen wurden noch katastrophaler, die generelle Armut noch prägender. Nahrung war knapp und Krankheiten breiteten sich schnell aus.

Dass sich diese Umstände noch zuspitzen könnten, war kaum vorstellbar. Tragischerweise ist dies nun aber eingetreten.

Gut ein Jahr nach den Fluten des Jahres 2010 begann die Regierung Pakistans mit Zwangsräumungen dieser flussnahen Slumgebiete. Sarah, Mitarbeiterin des pakistanischen humedica-Partners, berichtete von 1.400 Familien, die ihre Häuser verlassen mussten. Die Überschwemmungen des vorangegangenen Jahres hätten gezeigt, dass die Slums nicht sicher seien.

Viele der Familien erhielten ein Startgeld, um sich ein Grundstück kaufen und außerhalb der Stadt ein neues Leben anfangen zu können. Manche der Familien erhielten nichts. Durchgehend alle hatten von da an allerdings mit den gleichen Problemen und Schwierigkeiten zu kämpfen.

In vielen Familien hatten die Frauen für ein regelmäßiges Einkommen gesorgt. Mit einer Putztätigkeit oder einer Stelle als Köchin in der Stadt hatten sie ein fixes, monatliches Einkommen verdient.

Die Frauen konnten ihrer Arbeit nachgehen, da sie ihre Kinder vormittags in der Obhut von lokalen Mitarbeitern des Riverside Slum Children Project wussten und nachmittags auf die Gemeinschaft zurückgreifen konnten, die sich um die Kinder kümmerte.

Nach den Räumungen des Flussufers und dem erzwungenen Verlassen des gewohnten sozialen Gefüges, sind sich die Mütter der guten Betreuung ihrer Kinder nicht mehr sicher.

Darüber hinaus wäre der Weg in die Stadt mit einem mehrstündigen Fußweg verbunden, der auch das Hauptproblem bei den Männern darstellt, die zuvor als Tagelöhner in der Stadt tätig waren. Während vor der Zwangsräumung zumindest noch ein geringes Einkommen vorhanden war, entfällt nun auch dieses.

Bakhtawar will zur Schule

Stellvertretend für tausend Kinder und ihre Familien steht das Schicksal der kleinen Bakhtawar. Unter einem umgestürzten Boot sitzend, das als Schutz vor der brennenden Hitze diente, traf humedica-Mitarbeiter und Kinderarzt Dr. Toni Großhauser bei seinem Besuch der Pakistanprojekte auf das mit Puppen spielende Mädchen.

Auf die Frage, ob Bakhtawar gerne spiele und ihr momentanes Leben möge, antwortete die Kleine: „Ich mag es, mit meinen Puppen zu spielen. Aber ich mag es überhaupt nicht, hier so leben zu müssen. Ich vermisse mein Zuhause.“ Zuhause - ein Ort, an den sie nicht mehr zurückkehren darf nach dem plötzlichen und für sie unverständlichen Aufbruch.

Bakhtawar hat sieben Geschwister, wie ihre Mutter später berichtete. Gemeinsam lebten die acht Kinder mit Mutter und Vater im Haus ihres Onkels am Flussufer. Als die Räumung vollzogen wurde, konnte sich der Onkel glücklicher Empfänger einer staatlichen Entschädigung für die Umsiedlung nennen und zog in eine kleine Mietwohnung in der Stadt.

Für seine eigene Familie und zusätzlich die seiner Schwester reichte der neue Platz allerdings nicht aus und so stand Bakhtawars Familie ohne Bleibe da. Ohne Lebenseinkommen. Ohne Arbeit. Ohne Perspektive. Und wenige Wochen nach der Zwangsräumung verlor das Mädchen den geliebten Vater, ihre Mutter den geliebten Ehemann, auf tragische Weise an Tuberkulose.

Bakhtawars Mutter behütet tagsüber die Kinder, welche die Schule nicht mehr besuchen können. Der Weg in die Stadt zu Fuß ist zu weit. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist er zu teuer. Eine Mietwohnung in der Stadt scheitert ebenfalls am Geld. Wie es weitergehen soll mit ihr und den Kindern, weiß sie nicht. Und was sich Bakhtawar nun am meisten wünsche? Dass sie wieder in ihr Haus ziehen und zur Schule gehen könne.

Wir lassen Hilfsbedürftige nicht allein

Auf tragischem Weg zeigt der Wunsch des Mädchens, wie schnell Kinder in Katastrophengebieten erwachsen werden müssen. Dass Bakhtawar ihre neue Umgebung und die neue Form des Lebens nicht gefallen, ist eine Sache.

Dass dieser Umstand allerdings beinhaltet, dass es an Schutz und einem Dach über dem Kopf fehlt, an ausreichend Nahrung, Kleidung und der Möglichkeit, für eine bessere Zukunft die Schule zu besuchen, ist die andere, eine dramatische und nicht annehmbare Sache.

Gemeinsam können wir Familien wie der von Bakhtawar ein neues Zuhause schenken und damit den Weg in eine geregelte Zukunft anstoßen, um ihnen Schritt für Schritt zurückzugeben, was sie verloren haben. Wir können gemeinsam mit den Familien in Pakistan daran arbeiten. Bitte unterstützen Sie uns dabei mit einer gezielten Spende - lassen Sie die Menschen nicht allein. Vielen Dank.

humedica e.V.
Stichwort „Fluthilfe Pakistan
Konto 47 47
BLZ 734 500 00
Sparkasse Kaufbeuren

Sicher, schnell und direkt ist auch die Möglichkeit der Unterstützung via sms: Textmitteilung mit Stichwort DOC an die 8 11 90. Von den damit gespendeten 5,- Euro fließen 4,83 Euro direkt in die humedica-Projektarbeit.