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Im vergangenen September verbrachte ich eine knappe Woche im Süden Pakistans, in Sukkur. Was ich an Lebensbedingungen, Gesundheitszuständen und Krankheitsbildern zu sehen bekam, war mir bis dahin fremd - zumal Armut und allgemeine Umstände nicht allein den Fluten zuzuschreiben waren, sondern in den ländlichen Gebieten der südlichen Provinzen ohnehin schlechte Lebensbedingungen vorherrschen.

Die Hilfe an einzelnen Menschen und die Linderung akuter körperlicher Beschwerden zu sehen, war damals bereits etwas, was das Leid zumindest teilweise überdeckte. Was sich allerdings dank der tatkräftigen Arbeit zahlreicher lokaler Partner seit diesem Zeitpunkt verändert hat und was ich nun erleben durfte, übertraf meine Vorstellungen.

Von medizinischer Akuthilfe zum Unterernährtenprogramm

Als ich gemeinsam mit einem humedica-Ärzteteam, welches im Süden Pakistans tätig war, in Sukkur ankam, war die Situation der Menschen dramatisch. Insbesondere kleine Kinder waren stark unterernährt und vom Hungertod bedroht. Aufgrund der schlechten Lebensbedingungen, verschmutztem Wasser und fehlender Sanitäranlagen war die Anzahl der zu behandelnden Patienten hoch.

Eiterabszesse in der Größe von Tischtennisbällen im Gesicht, am Kopf oder den Gliedmaßen. Infektionen der Augen, die mit Sicherheit daher rührten, dass sich insbesondere die Kinder in dem Fluss Indus Abkühlung verschafften - zwischen provisorisch errichteten Latrinen und Wasserbüffeln, deren Unrat den Fluss ebenfalls zu einer Keimquelle ohnegleichen machte. Basismedizinische Fälle. Beinahe jedes Kind, jede Frau und jeder Mann, den ich traf, hatte Beschwerden.

Die humedica-Ärzteteams konnten diesen Menschen zunächst mit medizinischer Versorgung in ihrer akuten Not helfen. Darüber hinaus etablierte humedica in Zusammenarbeit mit dem lokalen Partner Riverside Slum Children Project ein Programm zur Erkennung, Behandlung und zum Aufpäppeln von unterernährten Kleinkindern.

An fünf verschiedenen Einsatzorten, an denen insgesamt 400 Familien mit etwa 880 Kindern unter fünf Jahren in Notunterkünften eine Bleibe gefunden hatten, wurden in eingerichteten Zentren die sehr schlecht ernährten Kinder untersucht, ihre Größe und Gewicht gemessen und der Grad ihrer Unterernährung eingestuft. Entsprechend ihres Alters bekamen sie dann spezielle, hochkalorische Zusatznahrung.

Mehr als einhundert Kleinkinder kamen dank dieses Programms wieder zu Kräften und darüber hinaus wurde in den so genannten "Child Friendly Spaces" des Riverside Slum Children Projects und der Kindernothilfe den Schülerinnen und Schülern ein Mittagessen angeboten, um sie vor eventuell drohender Unterernährung zu schützen.

Mittagessen in der Schule - zweifach Gutes

Nicht einmal ein Jahr ist es her, dass sich jeden Vormittag etwa 50 Mädchen und Jungen aus dem nahegelegenen Slumgebiet am Flussufer des Indus in dem Innenhof des Partners Riverside Slum Children Project versammelten. Den Lehrkräften stand lediglich eine große Schreibtafel, jedem der Kinder eine kleine Schiefertafel zum Schreiben zu Verfügung.

Dass überhaupt Unterricht angeboten wurde, war für die kleinen Schülerinnen und Schüler eine enorme Chance für ihre Zukunft. Was sich allerdings seit vergangenem Herbst in dieser Richtung entwickelt hat, ist noch beeindruckender als das letztjährige Bildungsangebot.

In den „Child Friendly Spaces“, die den Opfern einer Katastrophe in einem sicheren Raum die Möglichkeit geben, mit Spielen und Betreuung ihr Trauma zu überwinden und darüber hinaus ein kindgerechtes Klima zum Lernen schaffen, werden inzwischen bis zu 1000 Kinder verschiedener Altersgruppen unterrichtet.

Anstelle der kleinen Schiefertafeln schreiben die Mädchen und Jungen in Hefte, in denen das Erlernte dauerhaft nachgelesen und wiederholt werden kann. Alle Schüler wurden mit einer Uniform ausgestattet, die auch einen möglichen Wechsel in eine öffentliche Schule erleichtern.

Die Mädchen und Jungen werden nach Altersgruppen getrennt unterrichtet, sodass die Lehrmethoden und Anstrengungen den altersgerechten Aufnahmefähigkeiten angepasst und entsprechend umgesetzt werden können. Insbesondere für die Jüngsten der Schülerinnen und Schüler bedeutet dies auch immer wieder spielerische Pausen, bevor das Lernen mit dem gemeinsamen Mittagessen endet.

Gesundheit, Nahrung und Bildung: Sehen zu dürfen, wie viel in diesen drei essenziell wichtigen Bereichen eines chancen- und zukunftsreichen Lebens erwirkt werden konnte, war motivierend und beeindruckend. Dank Ihrer Unterstützung, liebe Freunde und Förderer, und dank derer von Sternstunden e.V., konnten wir in diesen Bereichen im übertragenen Sinn den Grundstein für die Zukunft legen.

Wie dies im wahrsten Sinne des Wortes geschehen ist, können Sie in Kürze in dem dritten Teil der „Reise zurück“ lesen.

Pakistan ein Jahr nach den Fluten