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Seit rund einer Woche befindet sich Oleg Lepschin als Assistenzkoordinator in Haiti, um im Rahmen der Nothilfe von humedica den Opfern von Hurrikan „Matthew“ zur Seite zu stehen. Für den 26-jährigen Berliner handelt es sich nach dem vorbereitenden Training von humedica um den ersten Einsatz in einer Katastrophenregion. Im Interview erklärt er, welche Herausforderungen die Arbeit in Haiti birgt und wie sich die Situation im Land momentan darstellt.

Oleg, seit einer Woche seid ihr nun als Team unterwegs in Haiti; wie fällt Dein Zwischenfazit aus?

Momentan fällt mein Zwischenfazit gemischt aus. Ich bin einerseits sehr froh, dass unser erstes Team bereits im zerstörten Ort Baradère arbeiten und den Menschen, die unter den extremen Auswirkungen des Hurrikans leiden, dort helfen kann. Andererseits stehen wir in diesen Tagen auch vor großen logistischen Herausforderungen und müssen uns ganz genau überlegen, wie unsere nächsten Schritte aussehen und wie wir weiterhin effizient und bedarfsgerecht arbeiten können.

Zunächst schien unklar, welche Konsequenzen Hurrikan „Matthew“ für Haiti haben würde. Die Medien berichteten anfangs von glimpflichen Schäden. Das volle Ausmaß der Katastrophe mit einer resultierenden, massiven Cholera-Bedrohung ist erst seit vier, fünf Tagen klar: Wie ist die aktuelle Situation in der betroffenen Region im Südwesten, die Du überblicken kannst?

Das Ausmaß der Zerstörung ist massiv. Es ist weit schlimmer als man zu Beginn vermutet hatte. In der Region in der wir tätig sind, sind 80 bis 90 Prozent aller Gebäude zerstört, es gibt kein sauberes und sicheres Trinkwasser und ein reißender Fluss bewegt sich durch Baradère. Außerdem ist die Stadt noch immer von der Außenwelt abgeschnitten. Vor allem die logistischen Herausforderungen sind aktuell wirklich enorm.

Welche Herausforderungen bringen die beschriebenen Umstände für die Betroffenen selbst, aber auch für die Helfer?

Neben den bereits genannten logistischen Aufgaben bezüglich der Hilfsmaßnahmen, die unmittelbar auch die Bedürftigen betreffen, ist die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und sicherem Trinkwasser im Moment eine elementare Herausforderung. Gerade im Hinblick auf die hygienischen Verhältnisse und die damit einhergehenden Gefahren für die Gesundheit der Menschen, muss Hilfe schnell ankommen. Mehr Kranke sind am Ende ja auch eine noch größere Belastung für die Helfer, auch der von humedica.

Wie geht es Dir persönlich? Hattest Du markante Erlebnisse in den vergangenen Tagen?

Mir geht es gut, ich bin ja auch in einer guten Unterkunft mit mehr als ausreichend Essen und Trinken. Aber die noch vor uns liegenden Herausforderungen sind schon belastend, vor allem weil manche Bereiche, die die nächsten Schritte der Hilfe betreffen, momentan noch unklar sind.

Es gab übrigens tatsächlich ein Erlebnis, das mich in den vergangenen Tagen beeindruckt hat und mir im Kopf geblieben ist: Als ich vor einem Supermarkt aus dem Auto stieg, sah ich eine Frau mit mehreren amputierten Gliedmaßen. Sie erblickte mich in meiner roten Weste und hat sich sichtlich gefreut und gelacht. Unser Fahrer erklärte mir dann, dass die Frau bereits vor sechs Jahren, also nach dem schweren Erdbeben, von humedica-Helfern behandelt wurde.

Ansonsten habe ich mehrere, für mich persönlich sehr spannende Erfahrungen machen können. Gerade weil ich humanitäre Hilfe studiert habe und aktuell Desaster Management studiere

Mit welcher Hoffnung verbindest Du den zweiten Teil dieses Katastropheneinsatzes?

Ich hoffe sehr, dass wir unsere medizinischen Kapazitäten in den nächsten Tagen weiterhin sinnvoll und effizient einsetzen können und dass weitere Hilfe so schnell wie möglich Menschen in Not erreicht.