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In unserer Themenreihe rund um das Klimaphänomen El Niño haben wir uns in den vorangegangenen Beiträgen bereits mit der Frage beschäftigt, ">um was es sich bei El Niño eigentlich handelt und hatten die Gelegenheit, mit ">dem Klimaexperten Mojib Latif über seine Prognosen bezüglich möglicher Auswirkungen zu sprechen.

Letztere machen sich besonders in Ländern und Regionen bemerkbar, die durch den Klimawandel oder gravierende Armut ohnehin immer wieder im Kontext von tatsächlichen oder drohenden Katastrophen wahrgenommen werden. Aktuell betreffen die Folgen von El Niño besonders den Osten und Süden des afrikanischen Kontinents. Während es dort auf der einen Seite seit Wochen zu starken Niederschlägen kommt, leiden andere Regionen unter einer extremen Trockenheit. Davon betroffen sind auch die humedica-Projektländer Äthiopien und Simbabwe.

Äthiopien: Dürre und die Angst vor der nächsten Hungersnot

Während sich der Süden Äthiopiens mit schweren Regenfällen konfrontiert sieht, erleben weite Landesteile im Norden und Osten in diesen Tagen eine starke Dürre, hinter der Experten das Klimaphänomen El Niño vermuten. Seit Jahren war es in Äthiopien nicht mehr so trocken.

Zwar ist das Land im Vergleich zu zurückliegenden Trockenperioden deutlich besser vorbereitet, doch inzwischen ist die Lage so kritisch, dass laut der äthiopischen Regierung bis zu 18 Millionen Menschen auf Nahrungsmittelhilfen angewiesen sind, um in den kommenden Wochen und Monaten nicht einer akuten Unterernährung zum Opfer zu fallen.

Experten gehen zum jetzigen Zeitpunkt noch davon aus, dass durch die Bereitstellung der nötigen finanziellen Mittel der Ausbruch einer erneuten Hungersnot verhindert werden kann, doch wie so oft stellt sich auch hier die Frage, woher dieses Geld kommen soll. Die weltweiten Krisen fressen die Etats der Geber und Hilfsorganisationen, sodass zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Antwort auf diese drängende Frage gefunden werden kann.

Besonders dramatisch gestaltet sich die Lage in der Somali Region, in der über vier Millionen Menschen in hauptsächlich ländlichen Gebieten leben und damit direkt abhängig von einer funktionierenden Vieh- und Landwirtschaft sind. Auch die beiden je 40.000 Menschen großen Flüchtlingslager Kobe und Melkadida an der äthiopisch-somalischen Grenze, in denen humedica-Teams die medizinische Versorgung der Bewohner sichern, sind betroffen.

Wie in vielen anderen Regionen Äthiopiens hat es auch hier seit dem vergangenen Frühjahr nicht mehr geregnet. Eine Entspannung der Situation ist nicht in Sicht und die Wettervorhersagen für die kommenden Wochen prognostizieren insbesondere eines: Trockenheit.

„Wegen fehlender Gelder wurden die Essensrationen der Flüchtlinge zuletzt gekürzt. Durch die Dürre verstärkt sich die ohnehin kritische Versorgungslage zusätzlich“, erklärt Raphael Marcus, Leiter der Not- und Katastrophenhilfe von humedica. „Wir müssen davon ausgehen, dass die Helfer in unserer Gesundheitsstation immer mehr Patienten mit Anzeichen von Mangel- und Unterernährung sehen werden. Außerdem müssen wir damit rechnen, dass im Fall einer Hungersnot viele Menschen aus Somalia in die äthiopischen Lager fliehen werden. Dann müssen wir dort plötzlich viel mehr Menschen versorgen.“

Und während sich die Situation in Äthiopien täglich verschärft, sind andere Länder bereits von einer Hungersnot betroffen. Denn auch weiter südlich schlägt das Wetter Kapriolen.

Simbabwe: Katastrophenzustand in der Kornkammer Afrikas

Der 4.000 Kilometer entfernte Binnenstaat Simbabwe sieht sich ebenfalls mit einer durch das Klimaphänomen El Niño ausgelösten Trockenheit konfrontiert. Wie in Äthiopien sind auch in diesem humedica-Projektland besonders die ländlichen Gebiete betroffen. Rund 2,5 Millionen Menschen leiden an einer ernsthaften Lebensmittelknappheit, die den Staatschef Robert Mugabe im Februar dazu veranlasst hat, den Katastrophenzustand auszurufen.

Die anhaltende Dürre vernichtete im Zusammenhang mit sehr hohen Temperaturen bereits im Herbst des vergangenen Jahres drei Viertel der Ernte und trocknete Felder und Wasserstellen aus. Nun muss Simbabwe – einst als Kornkammer Afrikas bekannt – selbst tausende Tonnen Getreide importieren, um seine Bevölkerung vor dem Hungertod zu bewahren.

Schwer betroffen ist auch die Provinz Manikaland im Osten des Landes, wo humedica seit 2008 durch regelmäßige Hilfsgüterverteilungen der ohnehin mangelhaften Versorgungslage entgegenwirkt.

„Wie in Äthiopien sehen sich auch in Simbabwe unzählige Menschen mit einer akuten Nahrungsmittelknappheit konfrontiert. In Manikaland können die Krankenhäuser ihre Patienten bereits jetzt nicht mehr mit Essen versorgen, so dass die Angehörigen einspringen müssen. Diese wissen jedoch selbst oft nicht, woher sie Lebensmittel nehmen sollen. Die Auswirkungen von El Niño sind hier sehr deutlich zu spüren“, veranschaulicht Raphael Marcus die Situation.

Wie geht es für die humanitäre Hilfe im Zeichen von El Niño weiter?

Die aktuellen Umstände im Süden und Osten Afrikas zeigen deutlich die Auswirkungen von El Niño auf die weltweiten Wetterverhältnisse. Führende Klimaexperten gehen von einem sich immer weiter verstärkenden Phänomen aus, das gemeinsam mit der globalen Erwärmung zu einem Anstieg extremer Wetterlagen und klimabedingter Katastrophen führen wird.

Die Helfer humanitärer Organisationen wie humedica werden sich in der Folge zukünftig immer häufiger mit Dürren, Waldbränden, Erdrutschen und Überschwemmungen konfrontiert sehen. Damit schnelle Hilfe für die Betroffenen dann möglich ist, gilt es bereits heute funktionierende Strukturen zu schaffen. Gemeinsam mit Vertretern aus Politik und Gesellschaft müssen in den bedrohten Ländern und Regionen stabile Verhältnisse erzeugt, Schutzmechanismen erarbeitet und Vorbereitungen getroffen werden.

Denn auch wenn der aktuelle El Niño in diesem Frühjahr sein Ende finden wird, ist eines sicher: Der nächste El Niño kommt bestimmt.