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Für das ">Familienpatenschaftsprogramm von humedica arbeitet die junge Münchnerin Sophie Soltau gerade als Koordinatorin in Nepal. Wie sie dort trotz Handelsblockaden und winterlichen Temperaturen für ein klein wenig Glück sorgen konnte, verrät sie in ihrem aktuellen Bericht:

„Es ist bitter kalt. Der Nebel hängt dick und schwer in den Hügeln von Sindhupalchowk. Kurz nach Sonnenaufgang, der sich durch den Nebel nur erahnen lässt, werden draußen erste Geräusche laut. Das Klappern von Geschirr, nepalesisches Gemurmel, ein Hahn kräht. Ich schäle mich aus meinem dicken Schlafsack, der mich trotz seiner Daunenfüllung leider nachts nicht warm zu halten vermag.

Aus dem Fenster unseres Büros in Sipaghat schaue ich über Reisfelder, die in den letzten Wochen abgeerntet und nun für die neue Saat aufbereitet werden. Die ersten Frauen sind schon unterwegs, in ihre Schals gehüllt, tragen sie die an ihrer Stirn befestigten großen geflochtenen Körbe, die Namlos, über die engen Pfade der Reisfelder.

In der kleinen, grob zusammengeschusterten Hütte gegenüber unseres Büros, wärmen sich einige Männer die Hände an ihrem heißen Chai, Tee mit viel Milch und Zucker. Ein Zwillingspärchen, vielleicht fünf Jahre alt, hat es sich in einem Haufen Stroh neben dem Hahn gemütlich gemacht. Beide haben sie Rotznäschen. Kein Wunder, sie tragen weder warme Kleidung noch Schuhe.

Wie die Menschen hier diese Kälte dauerhaft aushalten, ist mir ein Rätsel. Die Sonne lässt mit ihren wärmenden Strahlen meist bis zum Mittag auf sich warten und auch dann ist die Freude nur von kurzer Dauer. Gegen 16:30 Uhr macht sie sich schon wieder auf den Weg in eine andere Hemisphäre und macht erneut der Kälte Platz. Keines der Häuser hier besitzt eine Heizung. Außerdem sind die meisten Häuser in Sindhupalchowk gar keine Häuser, sondern nur notdürftig gebaute Unterschlüpfe, Hütten höchstens.

Mehr als 90 Prozent aller Hütten wurden durch die beiden Erdbeben im letzten Jahr zerstört. Dabei haben die Menschen nicht nur ihre Unterkunft, sondern auch alles was sich darin befand verloren: Betten, Decken, warme Kleidung, Öfen und im schlimmsten Fall auch einen geliebten Menschen. Da niemand hier Erspartes besitzt, kann auch nicht einfach wieder eingekauft werden, was zerstört wurde. Dementsprechend schlecht sind die Menschen auf den kalten Winter vorbereitet. Viele besitzen wirklich nur das, was sie am Leib tragen.

Die Nächte sind am Schlimmsten. Das kleine Feuer in den Unterkünften kann nicht die ganze Nacht brennend gehalten werden, es raucht zu stark. Die Bettdecken sind oft dünn und müssen mehrere Menschen wärmen. Für die 183 Familien unseres Patenschaftsprojekts soll das nun anders werden.

Als meine nepalesischen Kollegen und ich uns auf den Weg nach Bhimtar machen ist es noch immer neblig. Am vereinbarten Treffpunkt warten schon einige Frauen, Männer und Kinder auf uns und unsere angekündigte Hilfsgüterverteilung. Während die Sonne langsam durch die Wolken bricht, werden es immer mehr. Und dann kommen endlich die zwei Trucks, die sich früh morgens mit einer riesen Ladung dicker, warmer Fleece-Decken aus der Hauptstadt Kathmandu auf den Weg gemacht haben.

Langsam zeigt die Sonne ihr Gesicht und die Kälte ist kurz vergessen. Die Freude unter den Familien ist sichtlich groß und die Aufregung wächst, während die Decken ausgeladen und die letzten Vorbereitungen zur Verteilung getroffen werden. Die Decken fühlen sich ganz weich und warm an und ich kann mir gut vorstellen, was für eine Erleichterung es sein wird, sich nachts darin einkuscheln zu können. Mit Freude nehmen die wartenden Frauen und Männer je zwei Decken in Empfang und verstauen ihre neuen Schätze gleich in den dazu ausgeteilten Tüten. Es fühlt sich wie Weihnachten an.

Doch nicht nur die Familien aus unserem Patenschaftsprojekt, sondern auch andere Menschen aus dem Distrik Ramechap hatten an den Spenden aus Deutschland Anteil. Insgesamt konnten wir an 1.520 Familien warme Decken, einen Schnellkochtopf, Matten und wieder aufladbare Taschenlampen verteilen. All das sind Dinge, die für den Winter dringend nötig und durch die noch immer andauernde Sprit-Krise leider Mangelware sind. Dass humedica diese nun trotzdem verteilen konnte, war wirklich ein Fest.

Vielleicht scheinen die wenigen Hilfsgüter, wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Gibt es doch noch viel mehr Familien, die frieren, so viele Kinder, die warme Schuhe, so viele dunkelhaarige Köpfchen, die dringend Mützen über den Ohren bräuchten. Aber während ich den Männern und Frauen dabei zusehe, wie sie ihre Decken verstauen und die Tüten zum Tragen über die Stirn binden weiß ich, für diese 1.520 Familien haben die Spenden aus Deutschland und humedica heute einen Unterschied gemacht. Vielen Dank, dass Sie das mit Ihrer Unterstützung möglich gemacht haben.“