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Zerstörung und Not soweit das Auge reicht: Die Lage auf dem südpazifischen Inselstaat Vanuatu ist nach dem katastrophalen Zyklon „Pam“ noch immer erschütternd. Die vielen, zum Teil weit auseinander gelegenen Inseln erschweren die Umsetzung schneller und umfassender Hilfe, Trinkwasser und Lebensmittel der Betroffenen werden immer knapper.

Als erstes medizinisches Team erreichten die humedica-Einsatzkräfte die stark zerstörte Insel Tanna im Süden Vanuatus, um dort Verletzte zu versorgen. In ihrem aktuellen Blog berichtet Medienkoordinatorin Margret Müller von den Umständen auf der Insel und zeichnet ein Bild vom Leben der Menschen nach der Katastrophe:

Blog: Ein Berg aus Chaos

„Wir befinden uns im Landeanflug auf Tanna, eine der südlichsten Inseln des Landes Vanuatu, dessen Namen ich bis vor vier Tagen nicht kannte. Eigentlich sollten wir im Norden des Landes arbeiten, doch obwohl die Inseln stark zerstört sind, blieben die Menschen dort weitgehend unverletzt. In den nächsten Tagen werden wir noch einige abenteuerliche Geschichten hören, wie die Menschen versuchten sich vor dem Sturm zu schützen. Einige versteckten sich in knöchernen breiten Bäumen, andere spannten Seile über reißende Flüsse und zogen ein ganzes Dorf darüber.

Dankbar über die vergleichsweise guten Nachrichten aus dem Norden Vanuatus, fliegen wir in den Süden des Landes, aus dem uns andere Meldungen erreichen. Medizinische Hilfe wird dringend erwartet. Die eigentlich paradiesische Pazifikinsel Tanna mit Vulkan, Tauchparadies und immergrünem Dschungel, ist nur noch eine braune Wüste. Nichts steht mehr: Bäume, Hütten, Palmen und Dächer verbinden sich zu einem traurigen Berg aus Chaos.

Nach unserer Landung finden wir uns binnen Minuten im Krisenzentrum der nationalen Katastrophenbehörde wieder. Die lokalen Kräfte sind fit und gut organisiert, aber ihnen fehlen die Ressourcen. Als erstes medizinisches Team vor Ort, wird uns sofort das einzige Krankenhaus der Insel zugeteilt. Die teilweise zerstörte Klinik braucht dringend Unterstützung, da sie im Moment nur einige Notfälle aufnehmen und auf die Hauptinsel evakuieren kann.

Bereits vor dem Sturm gab es dort nur einen einzigen Arzt, der mit einem Team aus Krankenschwestern und den hier zur Verfügung stehenden Mitteln, die gesundheitliche Versorgung von 30.000 Menschen zu sichern versuchte.

Während uns der selbst aus Tanna stammende Helfer Iolu ins Krankenhaus fährt, erzählt er von der Nacht des Sturms. Seine Mutter wurde von einem Baum erschlagen, seine Schwester unter den Wänden seines hart erarbeiteten Hauses begraben. „Ich habe das Haus nicht gut genug gebaut. Vor dem nächsten Sturm muss ich das besser machen“, erklärt er uns. Die Tradition gebietet, dass sie eine Woche trauern, am siebten Tag gibt es ein Festmahl. Iolu hofft, bis dahin etwas zu Essen zu finden. Danach darf er wieder arbeiten.

Seine Familie lebt seit dem Sturm im Freien. Er könnte ein traditionelles Haus aus Palmblättern bauen, doch alle Palmen sind zerstört. Bis er ein ‚richtiges‘ Haus bauen kann, wird es noch dauern. Iolu schätzt, dass er zwei Jahre benötigt, bis er genug Geld für neues Material gespart hat.

Am nächsten Morgen können wir direkt mit unserer Arbeit beginnen. Iolu ist auch unser erster Patient. Durch das fehlende Trinkwasser leidet seine schwache Niere. Der Sturm hat die natürlichen Wasserquellen vergiftet und es fehlt an Nachschub. Die psychische Belastung schlägt ihm zusätzlich auf den Magen.

Noch immer können große Teile der Bevölkerung auf Tanna nicht erreicht werden, da umgestürzte Bäume Straßen und Wege versperren. Trotzdem hat es hat sich schnell herumgesprochen, dass es wieder eine medizinische Versorgung auf der Insel gibt. Viele unserer Patienten haben tiefe Wunden von fallenden Bäumen, Dächern oder im Sturm umher geflogenen Gegenständen. Das feuchte, heiße und durch den aktiven Vulkan auch staubige Klima bietet ideale Bedingungen für Bakterien. Wir sehen etliche geschwollene Hände, Beine, Füße und viele infizierte Wunden.

Uns wird bewusst, was eine derartige Katastrophe auf einer so abgelegenen Insel verursacht: Eine Verletzung ist viel drastischer, es gibt keinen Ort, an den man fliehen kann, kein Krankenhaus, zu dem man fahren kann. Die nächste Insel ist weit weg und viele der wenigen hier anlegenden Boote sind jetzt zerstört.

Was es auf der Insel nicht gibt, das gibt es nicht. Verletzungen können also lebenslange Folgen haben. Ein Bruch kann nicht geröntgt werden, ein Bauch nicht mit Ultraschall untersucht werden – Dinge, die uns so selbstverständlich erscheinen, sind hier ein Vermögen wert und einen nahezu unerreichbaren Flug entfernt.

Unsere Ärzte führen einige kleine Operationen und Amputationen durch, behandeln schwere Lungenentzündungen und reinigen tiefe Wunden. Einige Menschen mit Knocheninfektionen evakuieren wir in die Hauptstadt.“

Die Katastrophenhilfe von humedica in Vanuatu läuft weiterhin auf Hochtouren. Bitte unterstützen Sie die betroffenen Menschen mit einer konkreten Spende und helfen Sie uns helfen. Vielen Dank!

humedica e. V.
Stichwort "Zyklonhilfe Vanuatu"
IBAN DE35 7345 0000 0000 0047 47
BIC BYLADEM1KFB
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