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Hunger, Flucht und Gewalt: Die Lage in der Zentralafrikanischen Republik ist nach einem Jahr Bürgerkrieg weiterhin bestürzend. Brutale Konflikte zwischen verschiedenen Milizen, Frieden- und Regierungstruppen haben das Land in eine humanitäre Katastrophe gestürzt, die Millionen Menschen betrifft. Neben dem fehlenden Sicherheitsaspekt, sind Hunger und Hygiene große Probleme, die es in den Griff zu kriegen gilt.

Die humedica-Koordinatoren Margret Müller und Kenneth Dakat haben sich auf den Weg in die Hauptstadt Bangui gemacht, um in den dortigen Flüchtlingscamps dringend benötigte Hilfsgüter zu verteilen. In ihrem aktuellen Blog berichten sie über die schwierigen Umstände ihrer Arbeit und die katastrophalen Lebensbedingungen der Menschen im Land.

Tag 7 in Bangui – Ein tapferer Mann

Der Krieg in der Zentralafrikanischen Republik wird jeden Tag noch unberechenbarer. Heute ist es relativ ruhig, doch morgen kann die Situation schon wieder anders aussehen. Die Menschen sind ständig auf der Flucht, besonders die Bewohner der Vororte von Bangui, die fünf bis zwölf Kilometer vom Stadtzentrum entfernt wohnen, finden keine Ruhe. An manchen Tagen gibt es dort nur einzelne Schießereien, am nächsten Tag schwillt die Gewalt wieder an und Tausende Menschen flüchten in die Vertriebenenlager.

Heute besuchen wir eines dieser Camps. Es wimmelt nur so von Menschen und ein Zelt reiht sich an das nächste, wo fängt das Lager an, wo hört es auf? Man kann es nur erahnen. In jeder neuen Straße scheinen sich immer noch mehr Menschen und Zelte zu befinden. Unglaubliche Massen.

Ein freundlicher junger Mann kommt auf uns zu und bietet an uns herumzuführen. Als wir ihm folgen frage ich ihn wie die Umstände im Lager sind. Sie sind sehr hart, erklärt er mir. Seit vier Monaten verstecke er sich nun hier vor dem Krieg in seiner Heimat.

Ich frage ihn: „Denkst du, dass du irgendwann wieder nach Hause kannst?“ Er schüttelt den Kopf: „Das ist unmöglich. Mein Viertel ist komplett zerstört, unsere Häuser wurden niedergebrannt. Wir wissen nicht was aus uns wird.“

Tatsache ist, dass die letzte Essensverteilung in diesem Lager vor über einem Monat stattgefunden hat. „Wir sind alle sehr hungrig!“ Als wir an einem Zelt vorbeilaufen linse ich hinein und frage, ob er auch auf dem blanken Boden schlafe. „Ja natürlich.“ Zwar hat UNHCR Matten verteilt, doch es waren nicht genug. Er ging leer aus.

Als wir weiter in die Mitte des Lagers laufen treffen wir auf einen Pastor, der uns mit in seine provisorische Zeltkirche nimmt. Sie heißt Chappelle Sinai. In ihr sind einige junge Männer in Pfadfinderuniformen, sie tanzen, singen und klatschen in die Hände. Bei einem Windstoß wackeln die Wände bedrohlich stark.

Der Pastor flüstert mit zu: „Das ist ein echtes Problem, wir haben nichts mit dem wir das Zelt stabilisieren könnten.“ Wir gehen nach draußen und sehen eine Gruppe von Mädchen, die gerade mit einem Jugendleiter unseres lokalen Partners im Gespräch ist. Er versucht ihnen mit einigen Worten Hoffnung zu übermitteln und sie aufzumuntern.

Zu guter Letzt zeigt uns der Pastor das Zelt, in dem er mit seiner Familie lebt. Er zeigt uns Bilder seines verstorbenen Sohnes, der in einem Kugelhagel vor dem Lager sein Leben verlor. Ganz nach kultureller Tradition, wurde er auch genau in diesem Lager begraben.

Ich bin sprachlos. Was für ein tapferer Mann, obwohl er fast alles verloren hat und die dunkelste Zeit seines Lebens durchleidet, gibt er seinen Glauben nicht auf und baut aus innerster Überzeugung heraus eine kleine Kirche, einen Ort der Hoffnung.