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Bereits 30 Stunden nach dem verheerenden Erdbeben im Osten der Türkei war ein humedica-Team am Ort des Geschehens. Ausgestattet mit medizinischem Equipment unterstützten Katastrophenmediziner Prof. Dr. Dr. Bernd Domres und Krankenpfleger Matthias Gerloff die lokalen Hilfskräfte in einer provisorisch eingerichteten Ambulanz.

Unmittelbar nach der Ankunft in Ercis fuhren die humedica-Einsatzkräfte mit lokalen Rettungswägen in das Stadtzentrum, wo seit Sonntagmittag die Rettungsmaßnahmen unter Hochdruck vorangetrieben wurden.

Gemeinsam mit türkischen Ehrenamtlichen, die aus dem gesamten Land zum Helfen angereist waren, stand das humedica-Team für Notfälle bereit. Eine Rettungsmannschaft hatte sich auf einem der eingestürzten Gebäude bereits acht Meter durch die Etagen des einst mehrstöckigen Hauses gegraben. Am Ende des Tunnels lag eine verschüttete Frau.

Die Hoffnung, sie lebend aus den Trümmern bergen zu können, wurde aber leider zerstört: Nachdem die junge Frau eine Infusion erhalten hatte und ihr ein Bein amputiert werden musste, erlag sie ihren Verletzungen.

Schließlich konnten die humedica-Helfer bei der Verarztung eines Mitglieds des Rettungsteams behilflich sein, das sich eine Sprunggelenksverletzung mit Bänderriss zugezogen hatte.

In den folgenden Tagen arbeiteten die Mediziner von humedica in einer Sporthalle am Rande von Ercis, die in eine behelfsmäßige Klinik umgewandelt worden war. Dort wurden die aus den Trümmern Geretteten eingeliefert und zunächst stabilisiert.

Je nach Schweregrad ihrer Verletzungen wurden die Patienten entweder stationär aufgenommen und weiterhin behandelt oder für den Weitertransport in das 90 Kilometer entfernte Van oder andere Großstädte vorbereitet. Das städtische Krankenhaus in Ercis war durch das Beben dermaßen stark beschädigt worden, dass es ohne Sicherheitsrisiko nicht betreten, geschweige denn darin gearbeitet werden konnte.

Während der Mitarbeit des humedica-Teams wurden in dem provisorischen Krankenhaus etwa 5000 Patienten versorgt. In den ersten fünf Tagen wurden hauptsächlich jene Menschen behandelt, die lebend aus dem Schutt geborgen worden waren.

Die Notaufnahme bestand aus drei Liegen mit entsprechenden Gerätschaften wie Sauerstoffflaschen und Infusionsständern, EKG-Gerät und weiteren notwendigen Materialien.

Neben den für Erdbeben üblichen körperlichen Verletzungen waren stets auch die seelischen Wunden spürbar und beschäftigten die humedica-Hilfskräfte.

„Die Frage nach der Ursache ihrer Verletzung konnte auch bei Patienten mit kleineren Wunden schon dazu führen, dass sie in Tränen ausbrachen“, erzählt Krankenpfleger Matthias Gerloff nachdenklich. „Aber noch viel schlimmer war die Begegnung mit Einzelnen, die gar nichts mehr zu fühlen oder zu denken schienen. Sie litten an schweren Depressionen bis hin zur regelrechten körperlichen Erstarrung. Leider waren diese psychischen Beschwerden keine Seltenheit.“

Wie der Tübinger erklärt, seien es vor allem die empfundenen kleinen Wunder gewesen, die das humedica-Team sowie die einheimischen Helfer darin bestärkten, mit ihrer Arbeit fortzufahren: „Wenn jemand aus dieser seelischen und körperlichen Erstarrung wieder Kontakt aufgenommen hat und dann aufstehen und nach Hause gehen konnte - das waren unvergessliche Momente. `Kleinigkeiten’, die einen langen Arbeitstag wertvoll werden lassen.“

Trotz all des Leids und der schweren, bedrückenden Momente überwiegt bei den humedica-Einsatzkräften nach mehr als einer Woche Arbeit mit verletzten, kranken und traumatisierten Patienten vor allem ein Gefühl von Dankbarkeit.

Dankbarkeit, diese Arbeit verrichten zu dürfen sowie für die vielen Worte des Dankes, die den Helfern auf vielfältige Weise entgegengebracht wurden. Für die Menschen in Ercis war es etwas Besonderes, dass deutsche Hilfskräfte eine so weite Anreise auf sich nahmen, um der türkischen Bevölkerung in der Not zu helfen.

„Viele haben ihren Dank ausgedrückt - in einer Weise, die auch ohne viele Worte ankam, zu Herzen ging und viel Bedrückendes leichter ertragen ließ“, so Matthias Gerloff an seinem letzten Abend in der Ambulanz.

108 Stunden nach dem Erdbeben konnte der letzte noch lebende Verschüttete geborgen werden. Danach standen weniger die Suche nach weiteren Verschütteten als vielmehr das Erdbeben selbst und dessen Folgen im Vordergrund. Stück für Stück kehrte die ganz alltägliche Arbeit eines kleinen Krankenhauses zurück.

Das humedica-Team behandelte nun sowohl vergleichsweise harmlose Erkältungen als auch Kinder mit schwersten Verbrennungen, die durch Lagerfeuer oder Heizöfen verursacht worden waren. Zudem wurden Schlaganfallpatienten und Menschen mit Atemnot versorgt.

Eingebettet in die Arbeit der türkischen Rettungskräfte übernahmen die humedica-Helfer auch die medizinische Nachsorge und die basismedizinische Versorgung. Am letzten Abend mussten nochmals alle Kraftreserven mobilisiert werden, als ein junger Mann nach einem schweren Unfall in die Notaufnahme der Sporthalle eingeliefert worden war.

Aus der Sporthalle ist zwar eine provisorische, aber inzwischen bestens funktionierende und ausgestattete Klinik geworden. Drei Zelte wurden zur Behandlung von Kindern und stationär aufgenommenen Erwachsenen errichtet. Außerdem gibt es eine Abteilung für Geburten und Gynäkologie. Auch ein Röntgengerät kann in Anspruch genommen werden.

Nach der gemeinsamen medizinischen Notfallbehandlung der Erdbebenopfer ziehen sich die humedica-Einsatzkräfte nun aus Ercis zurück. Es war wichtig, in Ercis gewesen zu sein und geholfen zu haben, solange es notwendig war.

Doch nun ist es von großer Bedeutung, die Menschen auf ihrem Weg in die Zukunft zu begleiten und ihnen beim Wiederaufbau zur Seite zu stehen. Bitte unterstützen Sie dieses Vorhaben. Vielen Dank!

humedica e.V.
Stichwort „Erdbebenhilfe Türkei“
Konto 47 47
BLZ 734 500 00
Sparkasse Kaufbeuren

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