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Als Koordinatorin lässt uns Simone Winneg mit Hilfe eines Tagebuchs an dem humedica-Einsatz auf der Karibikinsel Haiti teilhaben. In ihrem aktuellen Eintrag verarbeitet sie die Eindrücke der aktuellen Behandlungen: 500 Patienten behandelte das Team und wurde dabei Zeuge schwierigster Lebensbedingungen.

Sonntag, 4. Mai 2008, 19 Uhr

"Unsere mobile Klinik erreichte in der vergangenen Woche über 500 Patienten, die ohne humedica von medizinischer Versorgung abgeschnitten sind: Lagrange, Molette, Dessoulier waren die ersten Ziele in der fünften Sektion.

Am Samstag folgte ein Einsatz im Bergland hinter St. Marc. Die Stationen unserer mobilen Klinik sind allesamt das, was wir wohl abgelegen nennen würden: lange Märsche sind notwendig, um das nächste Dorf zu erreichen; eine Infrastruktur ist so gut wie gar nicht vorhanden; selbst das Erreichen der Orte mit unserem Auto ist nicht einfach: Durch nächtlichen Regen, der den Fluss Arbonite in der Region anschwellen ließ, konnten wir am Freitag nicht wie geplant vorgehen.

Die Straßen sind unpassierbar und die Überquerung des Flusses unmöglich (die Brücke befindet sich noch im Aufbau). Auch am Samstag stoßen selbst wir an unsere Grenzen: auf halbem Weg bei geschätzen 25 Prozent Steigung kommt unser Auto auf dem Geröllboden nicht mehr weiter. Wir versuchen, den angepeilten Ort Chardirac zu Fuß zu erreichen.

Trotz gigantischer Aussicht auf das Bergland rund um St. Marc werden wir schnell direkte Zeugen schwierigster Lebensumstände der Menschen vor Ort. Mit großen Packen von Kohle, Lebensmitteln und anderen Marktartikeln auf dem Kopf kommen uns Frauen am Berg entgegen: sie bringen den langen Weg fast jeden Tag hinter sich, damit sie auf dem Markt ein wenig Geld verdienen können.

Die wenigen Kilometer, die wir mit tatkräftiger Unterstützung der lokalen Bevölkerung zurücklegen, müssen diese Frauen und Männer jeden Tag, bei jeder Witterung bewältigen. Schnell wird uns schmerzlich bewusst, dass die Medikamentenkisten zu schwer sind, um sie zu tragen, die Sonne zu heiß und der Berg zu steil. Auf Zeitangaben verlässt man sich hier besser nicht: Anfangs hieß es, 30 Minuten Fußmarsch. Nach 45 Minuten sind es allerdings immer noch über 20 Minuten. Schwitzend und entkräftet, beschließen wird kurzerhand, unser Lager in einem nahegelgenen Ort aufzuschlagen: Combort.

Die Kirche des Ortes bietet uns Möglichkeiten, 100 Patienten zu sehen, darunter zwei Fälle von Typhus. Viele kommen den langen Weg von Chardirac (unser ursprüngliches Ziel), um endlich mal wieder einen Arzt konsultieren zu können. Denn die Menschen hier im Bergland sind völlig von der Außenwelt abgeschnitten - nur durch lange Fußmärsche gelangen sie zum nächsten Ort - medizinische Hilfe finden sie erst wieder in St. Marc, etwa vier Stunden zu Fuß entfernt.

Durch die mobile Klinik von humedica kann diesen Menschen das Leben ein wenig erleichtert- und die elementare medizinische Versorgung gewährleistet werden, die sie sonst nur nach großen Strapazen finden würden."

Liebe Grüße vom humedica-Team auf Haiti.
Ihre
Simone Winneg